# taz.de -- Kolumne Nebensachen aus Athen: Mit Vitamin B in hohe Ämter | |
> Einflussreiche Verwandte sind auch in Griechenland gut für den | |
> Karrierestart. Gerade in der Politik sind nicht wenige Dynastien zu | |
> beobachten. | |
Bild: Mit starken Eltern kommt man ganz nach oben, auch in Griechenland. | |
ATHEN taz | Die neue griechische Regierungskoalition stellt unter Beweis, | |
dass Politik am Fuße der Akropolis noch immer Familiensache ist – sehr zum | |
Entsetzen vieler griechischer Wähler, die ihre politischen Dinosaurier und | |
deren Nachwuchs endlich loswerden möchten. | |
„Erneuerung“ heißt offenbar für die Politiker des Landes vor allem eins: | |
dass ihre Nichten, Neffen, Söhne oder Töchter ebenfalls Politiker werden | |
und in Amt und Würden gelangen. | |
Bestes Beispiel: der neue Premier Antonis Samaras. Er ist Enkel und Neffe | |
mehrerer hochrangiger konservativer Politiker. In die bewährte Tradition | |
reihen sich Staatsminister Dimitris Stamatis (Sohn des Exministers Giorgos | |
Stamatis), Vizeaußenminister Dimitris Kourkoulas (Bruder einer Abgeordneten | |
und Familienfreund des Sozialistenchefs), Tourismusministerin und | |
Ministertochter Olga Kefalogianni, sowie der stellvertretende | |
Finanzminister Christos Staikouras, Sohn eines ehemaligen Büroleiters von | |
Expremier Karamanlis. | |
Der Journalist Simos Kedikoglou, dessen Vater bei den Sozialisten Karriere | |
machte, ist jetzt Sprecher des konservativen Regierungschefs. In der | |
Familie dürfte das kaum Enttäuschung auslösen, denn schon sitzt wieder ein | |
jüngerer Cousin gleichen Namens für die Sozialisten im Parlament. | |
Ein Schelm, wer da denkt, die Politiker aus Familientradition würden über | |
Beziehungen an ihre Ämter gelangen. Sie haben alle an den besten | |
Hochschulen studiert und hatten zudem auch das nötige Quäntchen Glück, | |
direkt nach dem Uni-Abschluss Spitzenjobs zu bekommen in einem Land mit | |
einer Jugendarbeitslosigkeit von über 50 Prozent. Wer kann ihnen vorwerfen, | |
dass sie einfach Glück gehabt haben? | |
Die ansonsten redseligen Politiker Griechenlands schwiegen bei diesem Thema | |
vernehmlich. Eine mutige Ausnahme machte die frühere Außenministerin | |
(Tochter eines konservativen Ministerpräsidenten) Dora Bakoyannis im Jahr | |
2009, als ihr Sohn für das Bürgermeisteramt der Stadt Karpenissi | |
kandidierte. „Das ist doch ganz normal für ein Kind, das in einer | |
politischen Familie aufgewachsen ist; genauso wie Anwaltskinder eben auch | |
Anwälte werden“, erklärte sie in einem Interview. | |
Gegenkandidat Vangelis Karfis schäumte vor Wut: „Da kann man auch gleich | |
erzählen, dass Arbeiterkinder eben Arbeiter werden und die Kinder von | |
Arbeitslosen wohl am Ende auch arbeitslos sterben werden“, empörte sich der | |
sozialistische Politiker. Die Wahl um das Bürgermeisteramt verlor er | |
natürlich trotzdem. | |
25 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Jannis Papadimitriou | |
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