# taz.de -- Vertrauliche Geburt statt Babyklappe: Identität im versiegelten Ku… | |
> Die Familienministerin will, dass Kinder von Frauen, die anonym gebären, | |
> nach sechzehn Jahren erfahren können, wer ihre Mutter ist. Babyklappen | |
> sollen abgeschafft werden. | |
Bild: Mögliches Auslaufmodell: Etwa 100 Babyklappen gibt es in Deutschland. | |
BERLIN taz | Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) will die | |
Babyklappen abschaffen. Stattdessen soll es für Frauen, die ihr Kind anonym | |
zur Welt bringen möchten, die Möglichkeit der „vertraulichen Geburt“ gebe… | |
Die Daten dieser Mütter sollen laut einem Eckpunktepapier des Ministeriums | |
künftig 16 Jahre lang geheim bleiben. Danach hätte das Kind ein Recht | |
darauf, seine Abstammung zu erfahren. | |
Das Papier, das der taz vorliegt, geht davon aus, dass Schwangere zwar | |
„gegenüber ihrem Umfeld, nicht aber gegenüber ihrem Kind anonym bleiben | |
wollen“. Zu diesem Ergebnis war eine Studie des Deutschen Jugendinstituts | |
gekommen. Daher sei „die Anonymitätszusage der Dreh- und Angelpunkt des | |
gesamten Vorhabens“. | |
Schwangerschaftsberatungsstellen sollen die Frauen „im gesamten Verfahren“ | |
betreuen – also vom ersten Kontakt über die anonyme Geburt bis hin zur | |
Adoption. Schröder sagte der Rheinischen Post, ihr Ministerium habe damit | |
eine „ausgewogene Regelung gefunden“, die den Wunsch der Mutter nach | |
Anonymität und das Recht des Kindes auf Identität respektiere. | |
Zudem werde auf diese Weise erreicht, dass Babyklappen überflüssig werden. | |
„Ziel ist es, dass Frauen die vertrauliche Geburt statt der Babyklappe | |
nutzen.“ In Deutschland gibt es rund hundert Babyklappen, 130 Kliniken | |
ermöglichen anonyme Geburten. Seit Bestehen dieser Angebote bis zum | |
Stichtag 31. Mai 2010 kamen 973 Kinder anonym zur Welt oder wurden in | |
Babyklappen abgelegt. Diese sind derzeit – ebenso wie anonyme Geburten – | |
eigentlich verboten und werden lediglich geduldet. | |
## Nachforschungspflichten nicht anwenden | |
Nun ist ja so, dass die Geburt eines Kindes normalerweise mit hohem | |
Verwaltungsaufwand verbunden ist, mithin zahllose Papiere und Vermerke | |
existieren. Wer zahlt die Geburt im Krankenhaus? Welches Jugendamt | |
vermittelt die Adoption? Welcher Name, welches Pseudonym steht auf der | |
Geburtsurkunde? | |
Um eine unrechtmäßige Datenweitergabe zu verhindern, schlagen die Experten | |
des Familienministeriums vor, „dass sämtliche Vorschriften mit | |
Nachforschungspflichten […] für Fälle der vertraulichen Geburt für nicht | |
anwendbar erklärt werden“. Ist die Adoption vollzogen, sollen die neuen | |
Eltern also Einsicht in die Akten nehmen können, ohne die Identität der | |
leiblichen Mutter zu erfahren. | |
Damit das Kind später aber selbst mehr über seine Herkunft herausfinden | |
kann, soll die Beratungsstelle einen versiegelten Umschlag mit den | |
persönlichen Daten der Mutter aufbewahren. Ab Vollendung des 16. | |
Lebensjahres des Kindes verwahrt diesen die zuständige | |
Adoptionsvermittlungsstelle. | |
4 Jul 2012 | |
## AUTOREN | |
Anja Maier | |
## TAGS | |
Geburt | |
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