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# taz.de -- Öffnungszeiten der Spätis: Die Legalisierung des Sonntags
> Für viele Spätkauf-Betreiber sind die eingeschränkten Ladenöffnungszeiten
> an Feiertagen existenzgefährdend. Nun signalisiert der Senat
> Entgegenkommen.
Bild: Tankstellen dürfen am Sonntag alles verkaufen - Spätis nicht.
Wer Nachschub bei Nudeln, Klopapier oder Panini-Stickern braucht, obwohl
die Geschäfte geschlossen sind, ist in Berlin nicht aufgeschmissen: Rettung
bieten Tankstellen, Supermarktfilialen in den großen Bahnhöfen der Stadt –
oder der Späti um die Ecke. Doch nach einer Entscheidung des
Oberverwaltungsgerichts (OVG) vom April dürfen die Kiezkioske an Sonn- und
Feiertagen nur ein eingeschränktes Sortiment verkaufen – oder müssen
geschlossen bleiben. Seit Monaten wehren sich die Händler dagegen. Nun
kündigt die Senatsverwaltung für Wirtschaft ihre Unterstützung an.
Für viele Spätis ist die Frage der Öffnungszeiten existenziell: Unter der
Woche sind sie der Konkurrenz der Supermärkte und Drogerien ausgesetzt, die
jedoch an Sonn- und Feiertagen geschlossen sind. Dann brummt in den
Stadtteilläden das Geschäft. Eigentlich sieht das Gesetz vor, dass die
Kiezläden am Sonntag nur ein eingeschränktes Angebot verkaufen dürfen –
doch die Kontrollen durch das Ordnungsamt sind großzügig und die Auslegung
war bis vor kurzem recht liberal.
Letzteres änderte sich, als ein Anwohner in Prenzlauer Berg mehr als 40
LadenbesitzerInnen wegen Verstoß gegen das Ladenöffnungszeitengesetz
angezeigt hatte. Ende April ordnete das OVG die strikte Auslegung des
Gesetzestextes an: Der Inhaber eines Spätis am Mauerpark hatte darauf
geklagt, am 1. Mai öffnen zu dürfen. Dem folgten die Richter nicht.
Stattdessen stellten sie klar: Anders als Tankstellen und Bäckereien darf
ein Spätkauf nur ein eingeschränktes Angebot anbieten (siehe Kasten). Seit
Monaten kämpfen die Späti-Besitzer gegen diese Auflage. Erst am Montag
unterschrieben 20 HändlerInnen aus Prenzlauer Berg eine Petition, die auch
in anderen Bezirken herumgereicht werden soll. „Ohne den Sonntag können wir
nicht überleben“, sagt Matthias Liebe, Inhaber des „Kollwitz 66“ am
Kollwitzplatz und einer der Organisatoren der „Interessengemeinschaft der
Kiez-Kioske“.
Der Protest zeigt nun offenbar Wirkung. Die Wirtschaftsverwaltung
befürwortet eine Änderung des Ladenöffnungszeitengesetzes, damit Spätis
auch an Sonn- und Feiertagen ihr gesamtes Sortiment anbieten können.
Wirtschaftssenatorin Sybille von Obernitz (parteilos, für CDU) bezeichnete
der taz gegenüber die Spätis als „Teil der Kiezkultur“. Zur
Lebenswirklichkeit einer turbulenten Metropole wie Berlin gehörten flexible
Ladenöffnungszeiten. Nach dem strengen OVG-Gerichtsurteil sei nun eine
Debatte nötig, ob der Sonntag auch künftig den Spätis gehören könne. „Wir
möchten mit der federführenden Senatsverwaltung für Arbeit und anderen
Beteiligten diese Diskussion in Angriff nehmen“, so die Senatorin. Ziel sei
es, den Ladeninhabern mehr Rechtssicherheit zu geben.
Die Arbeitsverwaltung von Senatorin Dilek Kolat (SPD) hielt sich mit
Verweis auf die Sommerpause am Dienstag bedeckt. Eine Änderung des Gesetzes
müsse vom Abgeordnetenhaus beschlossen werden. Sollten sich die Fraktionen
dafür aussprechen, ziehe man nach, hieß es aus der Arbeitsverwaltung. Die
SPD-Abgeordnete Liane Ollech, Vorsitzende des Arbeitskreises Wirtschaft,
sagte der taz, die Fraktion werde sich Mitte August mit dem Thema befassen.
Ob dabei auch eine Änderung des Ladenöffnungszeitengesetzes beschlossen
würde, ließ sie offen. „Grundsätzlich bin ich aber gegen
Existenzvernichtung“, stellte Ollech klar.
Späti-Inhaber Matthias Liebe hofft auf seltene Kontrollbesuche in den
Sommermonaten. Torsten Kühne, CDU-Ordnungsstadtrat von Pankow, gibt da
schon Entwarnung: Seit dem 1. Mai habe es keine Kontrollen in seinem Bezirk
mehr gegeben. „Dafür fehlt uns schlichtweg das Personal“, so Kühne zur ta…
10 Jul 2012
## AUTOREN
Johannes Kulms
## TAGS
Schwerpunkt Schillerkiez in Berlin
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