# taz.de -- Forscher berechnen Fukushima-Folgen: Im Extremfall 1.300 mehr Krebs… | |
> Wissenschaftler der Stanford University haben in einer Studie die | |
> weltweiten Auswirkungen der Fukushima-Katastrophe berechnet. Diese sind | |
> außerhalb Japans gering, aber vorhanden. | |
Bild: Bei den weltweit zu erwartenden Krebserkrankungen nach Fukushima liegt de… | |
STANFORD dapd | Durch die Atomkatastrophe von Fukushima könnten im | |
Extremfall weltweit bis zu 1.300 Menschen mehr an Krebs sterben. Bis zu | |
2.500 weitere könnten neu an Krebs erkranken - die meisten von ihnen in | |
Japan. Das zeigt ein Computermodell, mit dem US-amerikanische Forscher | |
erstmals errechnet haben, welche globalen gesundheitlichen Folgen das | |
nukleare Desaster vom 11. März 2011 nach sich ziehen wird. | |
Die nun errechneten Werte hätten zwar enorme Spannbreiten, sie stünden aber | |
in klarem Widerspruch zu Aussagen beispielsweise des UN Science Committee | |
on the Effects of Atomic Radiation (UNSCEAR), berichten die Forscher im | |
Fachmagazin „Energy and Environmental Science“ (doi: 10.1039/c2ee22019a). | |
„Es gibt einige Gruppen, die gesagt haben, es würde keine globalen Effekte | |
geben“, erklärt Studienleiter Mark Jacobson von der kalifornischen Stanford | |
University. Auch das UN-Komitee habe vorausgesagt, es werde keine | |
ernsthaften Gesundheitsfolgen durch die freigesetzte Strahlung geben. Die | |
jetzt ermittelte Rate von zukünftigen Toten und Krebskranken sei zwar | |
außerhalb Japans tatsächlich sehr niedrig, aber nicht null. | |
Als beste Näherung kamen die Forscher auf rund zusätzliche 130 Krebstote | |
weltweit. Die Spanne reicht dabei von 15 bis 1.300 Todesfällen, wie die | |
Wissenschaftler berichten. Diese kämen noch zu den rund 600 Menschen dazu, | |
die bereits im Rahmen der Evakuierung und der Notfallmaßnahmen im | |
Atomkraftwerk gestorben seien. | |
## Eine Größerordnung niedriger als Tschernobyl | |
Bei den zu erwartenden Krebserkrankungen liege der Mittelwert bei 180 | |
Fällen, mit einer Spannbreite von 24 bis 2.500 Fällen. Wie die Forscher | |
berichten, liegen die durch Fukushima zu erwartenden Krebstoten und | |
Erkrankungsraten damit um eine Größenordnung niedriger als nach dem | |
Atomunfall von Tschernobyl. | |
Die mit Abstand meisten Betroffenen gebe es unter den Bewohnern Japans, | |
sagen die Forscher. Auf dem asiatischen Festland und in Nordamerika seien | |
die gesundheitlichen Folgen dagegen sehr gering. So prognostizieren die | |
Wissenschaftler für die USA nur 0,2 bis 6,3 zusätzliche Todesfälle und | |
zwischen 0,3 und 15 Krebserkrankungen. | |
Für Europa liegen die Werte noch niedriger. Hier ergab die Simulation 0,17 | |
bis 4,8 zusätzliche Krebstote und 0,3 bis 11 Krankheitsfälle. „Das trägt | |
sicher dazu bei, die Befürchtungen zu zerstreuen, dass die | |
Fukushima-Katastrophe gravierende weltweite Auswirkungen haben könnte“, | |
betont Erstautor John Ten Hoeve von der Stanford University. | |
Den Hauptgrund für die vergleichsweise geringen globalen Folgen sehen die | |
Forscher darin, dass der größte Anteil des radioaktiven Materials ins Meer | |
gespült wurde. Nur 19 Prozent der freigesetzten radioaktiven Elemente seien | |
über dem Land niedergegangen, berichten sie. In Japan habe auch die | |
schnelle Evakuierung und das Anbauverbot für Getreide, Obst und Gemüse in | |
belasteten Gebieten dazu beigetragen, dass nicht noch mehr Menschen | |
radioaktiv kontaminiert wurden. | |
## 3D-Atmosphärenmodell | |
Für ihre Studie hatten die Forscher ein 3D-Atmosphärenmodell genutzt, um | |
die Ausbreitung von radioaktivem Cäsium-137, Jod-131 und Cäsium-134 von | |
Fukushima aus zu simulieren. Die damit ermittelten Belastungswerte speisten | |
sie in ein medizinisches Modell ein, über das sie die krebsauslösende | |
Wirkung der jeweiligen Kontaminierung abschätzten. | |
Da die Belastung durch verseuchte Nahrung und Wasser nur näherungsweise | |
bestimmt werden konnte, erhielten die Wissenschaftler für ihre Ergebnisse | |
relativ hohe Spannbreiten. | |
17 Jul 2012 | |
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