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# taz.de -- Abschlussbericht über Fukushima-Unglück: Eine betrogene Nation
> Die Atomkatastrophe im japanischen Fukushima war vermeidbar. Ein
> parlamentarischer Untersuchungsbericht kritisiert die engen Verbindungen
> zwischen Regierung und Atomindustrie.
Bild: Die für die Untersuchung der Fukushima-Katastrophe zuständige Kommissio…
TOKIO dapd | Ein Untersuchungsbericht des japanischen Parlaments macht die
engen Beziehungen zwischen Politik und Atomindustrie für die
Atomkatastrophe im Kraftwerk Fukushima Daiichi verantwortlich. Das Unglück
im März 2011 sei „von Menschenhand gemacht“, weil es vorhersehbar und
vermeidbar gewesen sei, urteilte die parlamentarische
Untersuchungskommission in ihrem am Donnerstag vorgestellten
Abschlussbericht.
Trotz der Kritik des Berichts an der Atomindustrie und der staatlichen
Überwachung wurde am Donnerstag erstmals seit zwei Monaten wieder Atomstrom
in japanische Netze eingespeist. Gegen den Protest zahlreicher Bürger hatte
Ministerpräsident Yoshihiko Noda die Wiederinbetriebnahme der Reaktoren
drei und vier des Atomkraftwerks Ohi angeordnet.
Sie waren wie die übrigen 50 betriebsbereiten Reaktoren des Landes nach der
Kernschmelze in Fukushima für Sicherheitsüberprüfungen vom Netz genommen
worden. Für den Sommer befürchten die japanische Regierung und die
Industrie jedoch Stromengpässe, sollte der Verzicht auf Atomstrom anhalten.
Japan könne ohne Atomenergie seinen Lebensstandard nicht halten, erklärte
Noda.
Reaktorblock Nummer drei habe am Morgen wieder begonnen, Strom zu erzeugen,
teilte der Betreiber des Atomkraftwerks Ohi im Westen des Landes mit. Erst
am Wochenende war der Meiler hochgefahren worden. Die Region um Ohi war vor
dem GAU in Fukushima besonders stark auf Atomenergie angewiesen gewesen.
Die japanische Regierung und Kraftwerksbetreiber Kansai Electric Power
(Kepco) erklärten, die Anlage habe strenge Sicherheitstests bestanden.
## Geheime Absprachen
Die Regierung hofft, weitere Reaktoren wieder starten zu können. Aktivisten
werfen Noda vor, er stelle wirtschaftliche Interessen über die Sicherheit
des Volkes, indem er die Wiederaufnahme der Stromproduktion in
Atomkraftwerken genehmige, ohne dass die Ergebnisse der Untersuchungen des
Fukushima-Unglücks berücksichtigt worden seien.
In ihrem Bericht kritisieren die zehn Mitglieder des
Untersuchungsausschusses den Umgang der Behörden und des Betreibers mit dem
Unglück. Deren Reaktion auf die Katastrophe habe die Nation um ihr Recht
betrogen, vor Atomunfällen sicher zu sein.
Das sei eine Folge geheimer Absprachen zwischen der Regierung, den
Regulierungsbehörden und den Betreibern gewesen, die lasche Vorkehrungen
und Vorbereitungen ermöglicht hätten. Die im Dezember vom Parlament
eingesetzte Untersuchungskommission befragte in mehr als 900 Stunden
dauernden Vernehmungen 1.167 Menschen.
Außerdem inspizierten die Mitglieder der Kommission das havarierte
Kraftwerk Fukushima Daiichi, das benachbarte, weniger beschädigte Kraftwerk
Fukushima Daiini und zwei weitere Kraftwerke. In ihrem umfangreichen
Abschlussbericht fordert die Kommission das Parlament auf, die neue
Regulierungsbehörde und Reformen der Katastrophenschutzbestimmungen zu
überwachen.
## Reform des Atomrechts gefordert
Die japanische Regierung wird in dem Bericht aufgefordert, klare Regeln zur
Offenlegung ihrer Beziehungen zu den Betreibern von Atomanlagen zu
erlassen, ein System der gegenseitigen Überwachung zu installieren und das
Atomrecht zu reformieren, um „die weltweiten Standards für Sicherheit,
Gesundheit und Wohlfahrt“ zu erreichen.
Auch in vorangegangenen Untersuchungen wurde bereits die mangelhafte
Kommunikation zwischen dem Betreiber des Unglückskraftwerks, Tepco, und der
Regierung sowie die mangelhafte Information der Bevölkerung über
Strahlungsaustritte kritisiert.
In dem am Donnerstag veröffentlichten Bericht wird außerdem erneut die
Frage aufgeworfen, welche Schäden das Erdbeben selbst im Kraftwerk
Fukushima Daiichi anrichtete. Tepco erklärte nach einer ersten
Untersuchung, es seien keine Hinweise auf größere Schäden durch die
Erdstöße gefunden worden.
Das Unternehmen erklärte den unerwartet hohen Tsunami zur Unglücksursache
und räumte ein, dass die Tsunami-Pläne für das Kraftwerk zu optimistisch
und die Kommunikation anfänglich problematisch gewesen seien.
5 Jul 2012
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