# taz.de -- Waffenbesitz in den USA: US-Waffenlobby wird immer mächtiger | |
> Trotz immer neuer Massaker: Gekaufte Politiker und rückwärtsgewandte | |
> Ideen eines verfassungsgemäßen Grundrechts auf Waffenbesitz lassen | |
> Verbotsappelle ins Leere laufen. | |
Bild: Waffengeschäft in den USA. | |
BERLIN taz | Wie oft müssen solche Tragödien noch geschehen, bis die USA | |
den privaten Waffenbesitz endlich unter Kontrolle bringen? Das fragten sich | |
nach der Bluttat in Colorado viele Kommentatoren innerhalb und außerhalb | |
der USA. | |
Die Debatte ist nicht neu, doch es tut sich nichts. Ein Blick auf die | |
Kandidaten für die Präsidentschaftswahl verdeutlicht das Dilemma: | |
Amtsinhaber Barack Obama hatte sich einst dafür ausgesprochen, das 2004 | |
abgelaufene Verbot des Verkaufs von Sturmgewehren mit großen Magazinen an | |
Privatleute zu erneuern. Einmal gewählt, unternahm er nichts. | |
Mit dem AR-15 – dem Vorbild des in der US-Armee lange eingesetzten M-16 – | |
verfügte auch der Schütze von Colorado über ein solches Sturmgewehr. | |
Der Republikaner Mitt Romney hatte noch als Gouverneur von Massachussetts | |
ein solches Verbot eingeführt. Heute erklärt er das aber für falsch. | |
Beide fürchten – zu Recht – den Einfluss der großen Waffenlobby der USA, | |
die in der National Rifle Organsation (NRA) organisiert ist. Die NRA ist | |
reich und unterstützt Politiker mit viel Geld. Sie lässt Gesetze auf | |
nationaler und bundesstaatlicher Ebene durchpeitschen – und muss immer | |
weniger entschiedene Gegner fürchten. | |
Die NRA wendet sich gegen jegliche Kontrolle privaten Waffenbesitzes. Sie | |
beruft sich dabei auf den zweiten Verfassungszusatz, in dem es heißt: „Da | |
eine wohl organisierte Miliz für die Sicherheit eines freien Staates | |
notwendig ist, darf das Recht des Volkes, Waffen zu besitzen und zu tragen, | |
nicht beeinträchtigt werden.“ | |
Der Zusatz stammt aus dem Jahr 1791. Die Milizen, denen in jenen | |
Gründerjahren praktisch jeder männliche Weiße angehörte, gibt es längst | |
nicht mehr. | |
## Verfassung als Waffe | |
Aber der Verfassungszusatz, inzwischen interpretiert als nahezu | |
unbeschränktes Recht jedes einzelnen US-Bürgers, Waffen zu besitzen, | |
existiert nach wie vor. Und der mehrheitlich konservativ besetzte Oberste | |
Gerichtshof hat in zwei Urteilen 2008 und 2010 entschieden, dass auch die | |
lokalen Waffenverbote in Chicago und Washington D. C. gegen die Verfassung | |
verstoßen. | |
In Colorado, merkte ein Kommentator in der Denver Post an, haben neue | |
Waffenkontrollgesetze noch weniger Chancen. Hier sind die „Rocky Mountain | |
Gun Owners“ besonders einflussreich. | |
## Die Waffenfans formieren sich | |
Sie bedrängten die Senatoren des Bundesstaates in den letzten Wochen, im | |
Senat gegen die Ratifizierung des neuen UN-Kleinwaffenabkommens zu stimmen. | |
Ihr Geschäftsführer, Dudley Brown, schrieb am Samstag eine wütende Tirade | |
gegen den New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg, der seit Langem für | |
strengere Waffenkontrollgesetze in den USA eintritt: Bloombergs | |
„skrupelloser Versuch, das Blut dieser Unschuldigen zu benutzen, um seine | |
radikale politische Agenda umzusetzen“ sei „ekelerregend“, schrieb Dudley. | |
Im Internet warnen Waffenbesitzer vor neuen Kontrollversuchen – und | |
versichern sich gegenseitig, sie würden nie mehr unbewaffnet ins Kino | |
gehen. | |
22 Jul 2012 | |
## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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