# taz.de -- Konsumforscher über Krise in Deutschland: „Sie schaffen sich Bet… | |
> Der Konsumforscher Rolf Bürkl über gelassene Deutsche in der Krise, die | |
> geringe Angst vor Arbeitslosigkeit und die Binnenkonjunktur. | |
Bild: Pralle Einkaufstaschen: Bisher spüre noch niemand in Deutschland die Kri… | |
taz: Herr Bürkl, Ihr Institut befragt die Deutschen, wie sie die | |
wirtschaftliche Lage einschätzen. Momentan wohl noch ziemlich gut. Steuern | |
wir gerade ganz cool auf die Krise zu? | |
Rolf Bürkl: Tatsächlich sind die Deutschen, gerade wenn es um ihre eigene | |
Situation geht, noch ziemlich gelassen. Das hängt mit der guten Lage im | |
Land zusammen. Die Arbeitslosigkeit geht zurück, die Tarifabschlüsse sind | |
gut, die Leute haben mehr Geld in der Tasche. Außerdem ist die Inflation | |
wieder unter die psychologisch wichtige Marke von 2 Prozent gerutscht. | |
Das klingt, als ob die Bürger tanzen, bis das Schiff untergeht. | |
Bisher spürt einfach noch niemand die Krise. Es gibt zum Beispiel keine | |
steuerliche Belastung, etwa um die Rettungsschirme zu finanzieren. Die | |
Angst vor Arbeitslosigkeit ist auch gering. | |
Spare in der Zeit, dann hast du in der Not, gilt nicht mehr? | |
Da hat sich etwas grundlegend verändert. Die Verbraucher gehen durchaus | |
davon aus, dass die Konjunktur schwächer wird. Früher haben sie in solchen | |
Phasen gespart. Das ist jetzt nicht mehr attraktiv, weil das Vertrauen in | |
die Finanzmärkte erschüttert ist. Geld anlegen ist in den Augen der | |
Verbraucher keine sichere Geschichte mehr. Hinzu kommt, dass wir historisch | |
niedrige Zinsen haben. Man bekommt für seine Anlagen nichts mehr. | |
Dann kauft man eben eine Wohnung. | |
Genau das passiert. Die Leute sind wegen der Währung verunsichert und | |
fragen sich, wie es mit dem Euro weitergeht. Also schaffen sie sich | |
Betongold oder Schmuck an. | |
Ist es nicht normal, dass bei Krisen alle Immobilien wollen? | |
Seit der Krise 2008 unterscheidet sich das Verhalten grundsätzlich von | |
früheren Konjunkturschwächen. Früher sind wir mit der Arbeitslosigkeit von | |
Krise zu Krise wie auf einer Treppe nach oben gerutscht. Heute ist | |
Deutschland neben Österreich das einzige Land in Europa, bei dem die | |
Arbeitslosigkeit im Vergleich vor der Krise deutlich gesunken ist. | |
Kaufen wir uns aus der Krise? | |
Wir stemmen uns noch sehr dagegen. Die Binnenkonjunktur ist momentan eine | |
wesentlich Stütze, früher war es nur der Export. | |
Wie genau befragen sie die Leute eigentlich? | |
Wir fragen etwa, wie sich die Preise entwickeln, die Arbeitslosigkeit oder | |
ihr Einkommen. Das sind rein psychologische Faktoren und | |
Meinungsäußerungen, die wichtig sind, um das künftige Konsumverhalten | |
einzuschätzen. Dafür sind wir ein Frühindikator. | |
27 Jul 2012 | |
## AUTOREN | |
Ingo Arzt | |
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Besser | |
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