| # taz.de -- Pussy Riot drohen bis zu sieben Jahre Haft: Proteste zum Prozessauf… | |
| > Die Hauptverhandlung gegen die Frauen-Punk-Band Pussy Riot beginnt unter | |
| > Ausschluss der Öffentlichkeit. Die drei Angeklagten bitten Gläubige um | |
| > Entschuldigung. | |
| Bild: Zwei der Angeklagten am ersten Prozesstag: eingesperrt in einem Kasten. | |
| MOSKAU taz | Die russischen Sicherheitsbehörden hatten vor dem Auftakt des | |
| Gerichtsprozesses gegen die Frauenpunkband Pussy Riot höchste | |
| Sicherheitsmassnahmen ergriffen. Das Chamowniki Bezirksgericht im Moskauer | |
| Zentrum war von der Polizei am Morgen weiträumig abgeriegelt worden. | |
| Dennoch gelang es Anhängern und Gegnern, vor dem Gebäude zu demonstrieren. | |
| Besonderen Beifall erntete ein Kritiker, der in Gewand und Kopfbedeckung | |
| eines mittelalterlichen Inquisitors daher kam. | |
| Auf der Tagesordnung stand die Verlesung der 140 Seiten umfassenden | |
| Anklageschrift der Staatsanwaltschaft. Eigentlich sollte die Verhandlung im | |
| Internet online übertragen werden. Das öffentliche Interesse an dem Fall | |
| ist groß. Die Richterin gab jedoch der Eingabe der Staatsanwaltschaft statt | |
| und verbot sowohl die Übertragung der Verhandlung als auch das | |
| Fotografieren im Gerichtssaal. Die Staatsanwaltschaft begründete den Antrag | |
| mit der Sorge um die Sicherheit der Zeugen der Anklage. Sie könnten Opfer | |
| von Rachemaßnahmen werden. | |
| Beobachter vermuten unterdessen, dass die Justiz angesichts des juristisch | |
| absurden Unterfangens aus schlichtem Eigenschutz die Öffentlichkeit | |
| ausschließt. Es geht um den Restbestand an Professionalität. Die | |
| Anklageschrift sei so verfasst, dass gebildete Menschen nicht umhin kämen, | |
| sich entweder aufzuregen oder totzulachen, meinte die Nesawissimaja Gaseta. | |
| ## Kein antichristlicher Hintergrund | |
| Russlands politische Führung unterstreicht einmal mehr, dass sie den Sprung | |
| in die Moderne noch nicht vollzogen hat. Die Causa Pussy Riot, die vor den | |
| Präsidentenwahlen in der Christi Erlöser Kirche in Moskau eine Punk-Andacht | |
| hielten und die Jungfrau Maria um Hilfe bei der Austreibung Wladimir Putins | |
| angingen, spaltet die Gesellschaft. Mit sieben Jahren Haft drohen Staat und | |
| Kirche im Schulterschluss den Delinquentinnen. | |
| Die drei angeklagten Frauen ließen von ihren Anwälten verlesen, dass sie | |
| sich nicht schuldig fühlten, baten jedoch Gläubige um Entschuldigung. Das | |
| Stoßgebet hätte keinen antichristlichen Hintergrund gehabt – so wie von der | |
| Staatsanwaltschaft behauptet. „Unsere Zurückweisung der Schuld und des | |
| Vorwurfs des Rowdytums bedeutet nicht, dass wir nicht bereit wären, unser | |
| Handeln zu erklären und unsere Fehler einzugestehen. Wir haben einen | |
| ethischen Fehler begangen“, heißt es in der Stellungnahme der Verteidigung. | |
| Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts „Lewada-Zentrum“ sind 40 | |
| Prozent der Bevölkerung gegen eine Einmischung der Kirche, 30 Prozent | |
| meinen, die orthodoxe Kirche solle Gnade walten lassen und die Frauen auf | |
| freien Fuß setzen. 21 Prozent halten die Bestrafung der Feministinnen für | |
| berechtigt und ein Drittel hält eine Gefängnisstrafe zwischen zwei und | |
| sieben Jahren für noch angemessen. | |
| Im März waren es noch 46 Prozent. Ein Fünftel sieht die Schuld mit sozialer | |
| Strafarbeit abgegolten. Nur vier Prozent wollen die Aktivistinnen | |
| ungeschoren davon kommen lassen. Verlierer dieses Prozesses wird die Kirche | |
| sein. Zu offensichtlich ist ihr Pakt mit der weltlichen Macht. | |
| 30 Jul 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Klaus-Helge Donath | |
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