# taz.de -- Mixed-Wettbewerbe bei Olympia: Mischt Euch! | |
> Erstmals seit 1924 ist Mixed-Tennis wieder olympisch. Badminton wird seit | |
> 1996 gemischt gespielt. Kann Olympia dafür sorgen, dass gemischte | |
> Wettbewerbe auf mehr Akzeptanz stoßen? | |
Bild: Wenn der Junge mit dem Mädchen: Andy Murray und Laura Robson sind das br… | |
Und auf einmal interessieren sich die Leute für Mixed-Tennis – auch das so | |
ein Effekt bei Olympia. Während der vier Grand Slam-Turniere, wo das | |
gemischte Doppel wie selbstverständlich dazugehört, da schaut kaum jemand | |
hin. Nun aber, da Mixed erstmals auch wieder olympisch ist und es um | |
Medaillen geht, rückt auch dieser Wettbewerb in den Fokus. Gut so! | |
Sabine Lisicki und Christopher Kas haben durch ein 4:6, 7:6, 10:7 (im Match | |
Tie-Break) gegen Roberta Vinci und Daniele Bracchiali das Halbfinale | |
erreicht, sie haben nun eine gute Chance auf Bronze oder mehr. Vor allem | |
aber könnten sie zu Botschaftern für die Mixed-Wettbewerbe werden. | |
Oder besser: Die gemischten Teams im Badminton oder Tennis sollten zum | |
Nachdenken anregen, warum es nicht in viel mehr Sportarten gemeinsame | |
Wettbewerbe gibt. Aber kann Tennis hier überhaupt als Symbol der | |
Gleichberechtigung und des Gender-Fortschritts im Sport herhalten? | |
Geschichtlich gesehen, nein. Dass Männer und Frauen gemeinsam ein Team | |
bilden, hat die wohl größte Tradition im Tennissport, wo es den US Open | |
bereits 1892 erste Mixed-Wettbewerbe gab, in Wimbledon seit 1913. Damals, | |
als der Tennissport eine sehr elitäre Angelegenheit war, konnte man die | |
Mixed Doubles mitnichten emanzipatorisch nennen. | |
## | |
„Für mich war das eher die konservative Seite des Tennissports“, sagt | |
Heiner Gillmeister, Bonner Sportwissenschaftler und Autor eines Buches zur | |
olympischen Tennis-Geschichte. „Vorne am Netz stand der Mann und war der | |
König, und hinten spielte die Aufräumfrau.“ Die durfte dann noch den Bällen | |
hinterherlaufen, die der Mann nicht bekam. | |
Im Leistungssport ist es generell nicht üblich, dass Mann und Frau | |
gemeinsam auf dem Platz stehen. Nur in den Rückschlagsportarten Tennis, | |
Badminton, Tischtennis und Beachvolleyball ist das Mixed mittlerweile | |
verbreitet – im Freizeitsport sowieso, aber auch im Profibereich. | |
Kommt die Genderflexibilität bald auch in anderen Disziplinen? „Um so mehr | |
die Athletik und das Physische eine Rolle spielt, um so weniger ist es | |
denkbar“, sagt Gillmeister. „Aber wenn man die Leistungen der Schwimmerin | |
Ye Shiwen anschaut, könnte man sich da bald auch gemischte Staffeln | |
vorstellen.“ | |
Dass Frauen und Männer gemeinsam Wettbewerbe bestreiten, gibt es in London | |
beim Reiten, Tennis und beim Badminton. Im Badminton kämpfen bereits seit | |
1996 gemischte Paare um Medaillen. Im Tennis trägt man erst in diesem Jahr | |
wieder einen olympischen Mixed-Wettbewerb aus, zuletzt gab es ihn 1924. | |
Beim Reiten spricht man nicht vom Mixed, dort ist das gemeinsame Antreten | |
in Teams traditionell üblicher. | |
## | |
Vom Mixed sprach man wohl erstmals im späten 19. Jahrhundert beim Tennis. | |
Die Mixed Doubles hatten damals aber noch einen anderen Charakter, Tennis | |
war ein Sport der oberen Gesellschaftsschichten. Spielten Mann und Frau | |
hier gemeinsam Tennis, hatte das eher Züge eines Tanzballs. „Im | |
Breitensport der damaligen Zeit könnte man das Verlobungstennis nennen – | |
das war ein Sport, wo die Geschlechter zusammengefunden haben und wo in | |
Mixed-Paaren Ehen angebahnt wurden“, sagt Heiner Gillmeister. | |
Als früher emanzipatorischer Akt sei das Mixed mitnichten zu sehen. „Heute | |
aber würde ich die Paare schon als gleichberechtigt einschätzen“, so | |
Gillmeister. Bei den Tennis-Grand Slams dürfen sich die Mixed-Paare wie die | |
Doppel auch zusammenfinden wie sie wollen. | |
Sie müssen nicht – wie bei Olympia – ein Nationalteam bilden. Außerdem | |
anders in London: Es dürfen nur Spieler teilnehmen, die auch in einem der | |
vier anderen Wettbewerbe starten. Hintergrund: Man wollte die | |
Spezialisierung auf das Mixed vermeiden und es den Sportlern nicht | |
ermöglichen, „nur“ auf diesem Wege zu Olympia zu kommen. | |
Dieses „nur“ steht dabei generell für den Stellenwert der | |
Mixed-Wettbewerbe. Die Aufmerksamkeit bei Olympia mag deshalb gegeben sein, | |
weil es eben auch im Mixed Edelmetall zu gewinnen gibt – das Aufmotzen des | |
Medaillenspiegels ist für die Nation immer interessant. „Bei den Grand | |
Slams aber will das immer noch keiner sehen“, sagt Gillmeister, „ich war | |
gerade noch in Wimbledon und das Interesse ist sehr, sehr mäßig.“ | |
## | |
Eine Vorreiterrolle für Sportarten wie Badminton, Beachvolleyball oder | |
Tischtennis mag das Mixed im Tennissport eingenommen haben – die gemischten | |
Wettbewerbe aber blieben sportartübergreifend „unter ferner liefen“, so | |
Gillmeister. Für die Mannschaftssportarten mag er nicht an eine olympische | |
Zukunft mit gemischten Teams glauben. | |
„In den Rückschlagsportarten scheint mir der Leistungsunterschied auch | |
nicht so groß wie in einigen Ballsportarten“, sagt er. Eine Öffnung für | |
weitere Disziplinen aber hält er für denkbar. „Eine gemischte Staffel etwa | |
im Schwimmen wäre doch toll.“ | |
Wenn Sabine Lisicki und Christopher Kas im Halbfinale wieder gemeinsam auf | |
den Platz schreiten, dann sollen sie möglichst auch dafür sorgen, dass man | |
ihren Wettbewerb eben nicht nur als Spaß- und Randdisziplin abwertet. Dann | |
könnten Mann und Frau mit Schlägern in der Hand fast schon zu einer kleinen | |
gendersensiblen olympischen Bewegung werden. Unite, boys and girls, unite! | |
4 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
Jens Uthoff | |
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