# taz.de -- Ab nach Osteuropa: EU-Ausländer raus | |
> Hamburgs SPD-Senat plant, Osteuropäer ohne Job und Wohnung verstärkt in | |
> ihre Heimatländer zurückzuschicken. Ins Winternotprogramm dürfen sie | |
> nicht. | |
Bild: Müssen künftig vielleicht draußen bleiben, sofern sie aus Osteuropa st… | |
HAMBURG taz | Hamburg will Osteuropäer, die auf Jobsuche sind und keine | |
Wohnung finden, künftig verstärkt zur Heimreise drängen. Geplant ist nach | |
taz-Informationen dabei auch, die Notunterbringung im Winter für | |
Wohnungslose aus EU-Ländern wie Bulgarien, Polen, Rumänien und der Slowakei | |
stärker zu reglementieren. | |
Im vergangenen Winter hat die SPD-Regierung eine Million Euro in die | |
insgesamt 362 Übernachtungsplätze gesteckt, die Obdachlose vor dem | |
Erfrieren bewahren sollen. Vor allem das mit 230 Schlafplätzen | |
ausgestattete Nachtquartier in einem seit über 25 Jahren leer stehenden | |
Bürohaus am östlichen Rand der Innenstadt war zu über hundert Prozent | |
ausgelastet. | |
Im Gegensatz zu den Vorjahren wurde es überwiegend von Osteuropäern aus | |
Bulgarien, Rumänien und Polen frequentiert. Laut Sozialbehörde waren nur | |
rund ein Viertel der Nutzer Obdachlose deutscher Herkunft. Damit soll nun | |
Schluss sein. | |
„Ziel des kommenden Winternotprogramms ist, die Bedarfe derjenigen | |
Obdachlosen, die ihre Lebensperspektive in Hamburg haben, zu decken“, | |
erklärt die Sprecherin der Sozialbehörde Nicole Serocka, „und nicht eine | |
kostengünstige Übernachtung für alle Personen gleichermaßen zur Verfügung | |
zu stellen.“ | |
Laut Sozialsenator Detlef Scheele richtet sich das Winternotprogramm an | |
diejenigen, die sich dauerhaft in Hamburg aufhalten und die gerade im | |
Winter besonders in Not geraten. Deshalb sollen sich Osteuropäer künftig | |
zunächst an eine eigene Beratungsstelle wenden – um dort „gefiltert“ zu | |
werden, wie eine Mitarbeiterin der Sozialbehörde auf einer Veranstaltung | |
mit Anwohnern sagte. | |
## Lebensperspektiven klären | |
Bereits im vergangenen Jahr hat der SPD-Senat die „Anlaufstelle für | |
Osteuropäer“ parallel zum Winternotprogramm eingerichtet. Die richte sich | |
explizit an diesen Personenkreis und solle im nächsten Winter ausgebaut | |
werden, so Serocka. Die Aufgabe der Anlaufstelle sei es, „die | |
Lebensperspektiven der Osteuropäer in Hamburg zu klären“. Fällt diese | |
Prüfung negativ aus, wird diesen EU-Bürgern die Rückkehr in ihre | |
Heimatländer mit so genannten „Rückkehrhilfen“ nahe gelegt. | |
Die Anlauf- und Beratungsstelle beruht auf einer Kooperation zwischen der | |
Sozialbehörde und den Konsulaten Polens, Bulgariens, Rumäniens und der | |
Slowakei. Bislang wurden rund 580 Wohnungslose beraten, für mehr als 250 | |
Menschen wurde anschließend die Rückkehr in ihr jeweiliges Heimatland | |
organisiert. Die Tickets für die Heimreise bezahlt die Hamburger | |
Sozialbehörde. | |
Der Hamburger Senat wertet die Arbeit als Erfolg und will das | |
Informationsangebot künftig auch auf die Herkunftsländer selbst ausweiten. | |
„Es ist sinnvoll, sich bereits vor Reiseantritt in das Ausland über die | |
Perspektiven dort zu informieren“, erklärt Sprecherin Serocka. „Ich möchte | |
nicht, dass Menschen mit falschen Versprechungen nach Hamburg gelockt | |
werden und hier stranden, weil sie hier keine Lebensperspektive haben“, | |
sagt Senator Scheele. Denn ohne Ausbildung und ohne Kenntnisse der | |
deutschen Sprache habe man auf dem Hamburger Arbeitsmarkt fast keine | |
Chancen. | |
Kritik an den Plänen kommt von den Hamburger Grünen: Zwar gebe es das | |
Phänomen, dass Arbeitskräfte aus osteuropäischen und anderen Ländern nach | |
Hamburg kommen, so die innenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion Antje | |
Möller. | |
Das Problem entstehe aber erst dann, wenn diese als Tagelöhner mit | |
ausbeuterischer Bezahlung arbeiteten müssten und sich keine Unterkunft | |
leisten könnten. Dann sei die Beratung richtig und wichtig. Die Leute aus | |
Notunterbringungen herauszuhalten, hält Möller hingegen für falsch: „Wenn | |
weiterhin Obdachlosigkeit droht, hilft eine Reglementierung für öffentliche | |
Notunterkünfte nicht weiter.“ | |
6 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
Lena Kaiser | |
## TAGS | |
Wohnungslosigkeit | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Wohnungslosigkeit: Es kann jeden treffen | |
Die Zahl der Wohnungslosen steigt drastisch. Inzwischen trifft es vor allem | |
jüngere Menschen und Migranten aus Osteuropa. Die Zahl der Schlafplätze | |
hinkt der Entwicklung hinterher. | |
KOMMENTAR OBDACHLOSE OSTEUROPÄER: Notprogramm nur für Deutsche | |
Wenn Hamburgs SPD Notunterkünfte nur für Deutsche anbietet, ist sie reif | |
für eine Koalition mit der NPD. |