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# taz.de -- Kolumne Die Kriegsreporterin: Mandy-Mandy, Miosga und Maltherapie
> Was zahlt Sat.1 dem „Britt“-Klatschvieh? Wann scheitern Sportlerinnen
> rechtzeitig? Und wieviel Zeit hat Guido Knopp in seinem Berufsleben
> verhitlert?
Bild: Circa 17 Prozent seiner 29 Amtsjahre verbrachte Guido Knopp mit Poserfoto…
Hallo taz-Medienredaktion!
Was musste ich dieser Tage lesen?! „Deutsche Hockey-Frauen vorzeitig
gescheitert.“ Erst habe ich einen gehörigen Schreck bekommen, dann war ich
nur froh, dass die Damen nicht etwa „rechtzeitig“ gescheitert sind.
Ich will mir gar nicht ausmalen, wie das ausgesehen hätte! Nein, ein
vorzeitiges Scheitern, eines vor der Zeit, zu der es Zeit ist, zu
scheitern, scheint mir für die Sportlerinnen genau das Richtige zu sein.
Ansonsten ist es ja verblüffend, welches Bohei veranstaltet wird, wenn
Usain Bolt läuft.
Ähnlich wie bei der Hochzeit von William und Kate scheinen die Journalisten
ihre Ratio kurzerhand ausgelagert zu haben. Es ist, als wäre Gott
persönlich herabgestiegen, um in Form von hundert Metern eine Stippvisite
auf der Erde zu halten. Anders als William und Kate wird Usain allerdings
im Anschluss an die Show vorgeworfen, er würde eine Show abziehen.
Ja, was denn nun, Leute!? Man guckt doch nicht Olympia, um zu sehen, wie
einer einen Speer wirft. Man guckt Olympia wegen der Momente vor und nach
dem Wurf. Wenn man denn guckt.
Ich gucke lieber „Tagesthemen“ und bin ganz hin und weg. Die machen auf
einmal richtig gute Sendungen. Die vom 1. August etwa. Da wurde es
geschafft, zu informieren und dabei bestens zu unterhalten. Caren Miosga
zündete mit ihrer Moderation ein kleines Böllerwerk an kluger, witziger,
doppelbödiger Sprachbömbchen und die Beiträge, über Kurt Beck etwa, waren
mitunter von so feinen, bösen Tönen und Zwischentönen, dass ich annehmen
muss: Die haben einen Kurs gemacht! Bei der BBC. Für intelligent-bissigen
Informationstransport.
Natürlich gab es danach wieder Rückfälle. Aber, man sieht: Es geht. Und ich
möchte den Machern zurufen: Vor jeder Sendung bitte die vom 1. August
schauen und dann erst loslegen!
Ganz überrascht hingegen stimmt mich die Nachricht über die neue Sendung
von Thomas Gottschalk, „Das Supertalent“. 30 Euro gibt RTL angeblich jedem
Zuschauer, der sich in das Studio setzt und zuguckt. Das legt die Frage
nahe: Wenn RTL 30 Tacken raustut und Gottschalk und Bohlen bieten, wie viel
muss dann wohl Sat.1 für die Publikumsstatisten bei Sendungen wie „Britt“
zahlen? Mit Mandy und Mandy-Mandy als Studiogast. Und Pascal, der nach der
Schicht aufm Trockenbau im Wohnzimmer seiner Mutter mit der kleinen
Schwester von Mandy-Mandy Tierfilme dreht. 300? 3000?
Ums Geld wird es Guido Knopp hingegen bei seiner Tätigkeit fürs ZDF nicht
gegangen sein, eher darum etwas aufzuarbeiten. Etwas Dunkles. Etwas
Deutsches. Etwas Knoppiges. Das ist etwas, das wir viel zu wenig beachten,
in diesem Land, in dem ständig ein Keil in das öffentlich-rechtliche System
düst: Wie schön es ist, dass eine Sendeanstalt Menschen die Möglichkeit
gibt, die Psychoanalyse zu sparen. Einfach, indem sie sie machen lässt.
Jahrelang.
Da muss nicht immer wieder neu beantragt werden, da kann sich einfach einer
sein Leben lang am Dritten Reich abarbeiten und seine Faszination an der
Vernichtung und ihren Strategen ausleben. Wenn Knopp allerdings am Ende
seiner 29-jährigen Zeit als Führer der Redaktion „Zeitgeschichte“ sagt:
„Rein quantitativ hat Hitler vielleicht fünf Prozent meiner Arbeit
ausgemacht“, und er die 95 Prozent ausblendet, die er mit Göbbels, Göring,
Rommel und Eichmann verbracht hat, sollte am Ansatz dieser
öffentlich-rechtlichen Psychokur gezweifelt werden. Das nächste Mal doch
vielleicht eine Maltherapie.
Und mit etwas Neid – schließlich gab es neben der Selbstverwirklichung auch
noch regelmäßiges Kantinenessen, zurück nach Berlin!
7 Aug 2012
## AUTOREN
Silke Burmester
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