# taz.de -- Kolumne Die Kriegsreporterin: Schweizer Redakteure zum Ausleihen | |
> Friede Springer verschenkt ihre Aktien an Mathias Döpfner. Nun müssen | |
> ehrliche Journalisten anders Geld verdienen. Als Werbetexter oder gleich | |
> als Ghostwriter. | |
Hallo taz-Medienredaktion! | |
Ich radiere und radiere, aber der Schriftzug geht einfach nicht weg! Nur | |
das erste „E“ ist schon etwas blasser. Aber ich glaube, das war von Anfang | |
an nicht richtig dunkel. Letzte Woche habe ich mir den Namen „Friede | |
Springer“ in der Schriftart „Berlin“ auf den Arm tätowieren lassen – u… | |
nun so eine Enttäuschung! | |
Alle Aktien gehen an Herrn Döpfner. Keine an mich! Und was macht der mit | |
den Papieren im Wert von 72 Millionen? Keine Ahnung! Und was hätte ich | |
gemacht? Auch keine Ahnung! Aber egal, der Hammer ist, dass Frau Friede | |
Herrn Döpfner so viel Geld schenkt, einfach so. Während in Afrika die | |
Kinder hungern oder so ähnlich. | |
Dabei könnte man allein mit 2,7 Millionen so viel Schönes anfangen! Eine | |
Zeitschrift machen, zum Beispiel. Oder sich frei nehmen und unter Pseudonym | |
einen Roman schreiben, in dem ein Medienmann gemeuchelt wird. Einen Roman, | |
in dem man sich all den Kleinscheiß von der Seele schreibt, den man sich | |
sonst nicht zu sagen traut. Etwa: Frank Schirrmacher ist doof. Frank | |
Schirrmacher raucht Frauenzigaretten. Frank Schirrmacher hat sich die | |
Brusthaare entfernen lassen. Und dann so tun, als wär man’s nicht gewesen. | |
Dumm-di-dumm-di-dumm. Und am Ende, wenn’s rauskommt, total deppert | |
dastehen, weil man sich um seine schöne Reputation gebracht hat. Für einen | |
Dumme-Jungen-Krimi. Oh Eitelkeit, Du fette Titte! Schon wieder hast Du | |
einen zum Stolpern gebracht! | |
Dabei wäre es für das Ego u. U. völlig ausreichend, etwas bescheidener zu | |
handeln. Für andere zu schreiben etwa. So wie die Redakteure des Walliser | |
Boten, die von ihrem Verlag in einer Anzeige als „hilfsbereite Menschen“ | |
zum Verfassen von Werbetexten für Wirtschaftsunternehmen angeboten werden. | |
Nicht genug, dass festangestellte Redakteure als Moderatoren bei | |
Veranstaltungen der Privatwirtschaft auftreten, ein wenig zu fabulieren, | |
ist doch noch viel, viel schöner! Und es gibt den Betroffenen das Gefühl, | |
gebraucht zu werden. Also sich als – oftmals leitender – Redakteur nicht | |
länger als nutzloses Element zu empfinden, das in der Hängematte der | |
Festanstellung vor sich hinbaumelt, sondern mal etwas Sinnvolles zu tun. | |
Oder woraus speist sich der Antrieb all jener Mitt- und Enddreißiger, | |
angestellt bei wichtigen Häusern, meist mit imageförderlichen und natürlich | |
durch die Ehefrau versorgten Kindern im Gepäck, alle Jahre ein Buch zu | |
veröffentlichen? Ich nehme an, weil es einfach nicht reicht, wöchentlich | |
einen Beitrag in einem sogenannten Leitmedium zu veröffentlichen. Wo bleibt | |
denn da die Wahrnehmung? Die Anerkennung? | |
Die möchten jetzt auch all jene abholen, die irgendwann mal für Günter | |
Wallraff gearbeitet haben. Und jetzt bekannt geben, sie hätten für ihn | |
recherchiert oder geschrieben, ohne dass ihre Mitarbeit jemals benannt | |
wurde. Geschweige denn anerkannt. Ja, das Schicksal der Zuarbeiter! Die | |
Wissenschaft ist voll von Forschungen und Publikationen, die sich mit einem | |
hübschen Professorentitel schmücken, während irgendwelche Studenten die | |
Arbeit hatten. Zum Glück regen meine Kollegen, die nie auf die Idee kämen, | |
andere Leute für sie recherchieren zu lassen, sich darüber auf. Schließlich | |
ist das bei ihnen total unüblich. Das gibt es dort gar nicht. Das kommt | |
schlichtweg nicht vor. | |
Ich hingegen kann nur sagen, wenn in diesem Text etwas falsch ist – ich | |
kann nichts dafür. Das war Günni, mein Assistent. Also bitte schreiben Sie | |
mir, wenn etwas nicht stimmt, der Schirrmacher gar nicht „Eve“ raucht, | |
sondern „Ernte 23“, ich hau ihn dann. Die Peitsche knallend zurück nach | |
Berlin! | |
21 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
Silke Burmester | |
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