| # taz.de -- Kommentar Islamunterricht in NRW: Lieber gar kein Bekenntnis | |
| > In NRW beginnt das neue Schuljahr und erstmals gibt es in Deutschland | |
| > islamischen Religionsunterricht. Für die Integration ist das gut, aber es | |
| > ginge noch besser. | |
| Wenn in dieser Woche in Nordrhein-Westfalen das neue Schuljahr beginnt, | |
| erlebt Deutschland eine Premiere: islamischen Religionsunterricht als | |
| ordentliches Lehrfach, das gab es bisher noch in keinem Bundesland. Eine | |
| große Koalition aus SPD, Grünen und CDU im Düsseldorfer Landtag macht es | |
| jetzt möglich. | |
| Für Islamhasser rückt damit der Untergang des Abendlandes wieder ein Stück | |
| näher; für alle anderen ist es ein Zeichen der Anerkennung | |
| gesellschaftlicher Realitäten. Wer Muslime als integralen Bestandteil der | |
| bundesdeutschen Gesellschaft begreift, muss ihnen auch die gleichen Rechte | |
| einräumen. | |
| Allerdings ist der Weg zu einer echten Gleichstellung des Islam mit dem | |
| Christentum noch immer sehr weit. Auch in der Schule: Von rund 320.000 | |
| SchülerInnen muslimischen Glaubens in Nordrhein-Westfalen erhalten gerade | |
| mal 2.500 die Möglichkeit, in dem neuen Fach unterrichtet zu werden, für | |
| das es bisher nicht einmal einen Lehrplan gibt und das sich und das sich | |
| auf verfassungsrechtlich grenzwertigem Terrain bewegt. | |
| Dabei wäre auch ein völlig anderer Weg denkbar. Der seit Jahrzehnten | |
| andauernde Streit um den islamischen Religionsunterricht könnte dazu | |
| genutzt würde, endlich generell über die Abschaffung des überkommenen | |
| „bekenntnisorientierten Unterrichts“ zu diskutieren. Denn er verträgt sich | |
| nicht mit einer säkularen Gesellschaft, in der rund ein Viertel der | |
| Menschen ohne Glauben lebt. | |
| An die Stelle könnte ein Fach treten, in dem gleichberechtigt über die | |
| verschiedenen Weltreligionen und -anschauungen informiert wird: mit vom | |
| Staat und nicht von Glaubensvereinigungen aufgestellten Lehrplänen – und | |
| mit LehrerInnen, über deren Eignung alleine der Staat entscheidet. Der | |
| „Ethikunterricht“, den die Länder Berlin und Brandenburg eingeführt haben, | |
| erfüllt diese Kriterien. Doch um das in anderen Bundesländern möglich zu | |
| machen, müssten erst das Grundgesetz und dann die Landesverfassungen | |
| geändert werden. | |
| Dafür aber wird es auf absehbare Zeit weder in Düsseldorf noch in Berlin | |
| eine parlamentarische Mehrheit geben: Zu groß ist der Einfluss der | |
| Kirchenlobby auf Union, SPD, FDP und Grüne, sogar die Linkspartei tut sich | |
| schwer mit dem Thema. An der Zeit wäre es aber, für mehr Säkularismus in | |
| Deutschland zu sorgen. | |
| 21 Aug 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Pascal Beucker | |
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