| # taz.de -- Ökonom Illing zur Krise: „Deutschland tut der Euro gut“ | |
| > Wenn die Währung zerbricht, dann eher an Finnland als an Griechenland, | |
| > sagt der Ökonom Gerhard Illing. Aber auch durch ständiges Reden darüber. | |
| Bild: Im Fegefeuer der nationalen Interessen: Die europäische Gemeinschaftswä… | |
| taz: Herr Illing, glauben Sie, dass der Euro überlebt? | |
| Gerhard Illing: Das hängt von den Politikern ab. Ich werde aber zunehmend | |
| pessimistisch, weil Politiker und Medien immer häufiger darüber reden, dass | |
| der Euro auseinanderbrechen könnte. | |
| Warum soll reines Reden den Euro ruinieren? | |
| Das kann schnell zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung werden. Keiner | |
| will dann mehr in den südeuropäischen Ländern investieren – dies wäre ja | |
| später viel billiger, sobald Lira oder Drachme wieder eingeführt würden. | |
| Gleichzeitig flieht das Sparkapital aus Südeuropa ins scheinbar sichere | |
| Deutschland. All dies löst eine tiefe Rezession aus, die es immer | |
| wahrscheinlicher macht, dass der Euro auseinanderbricht. | |
| Wer verlässt den Euro als Erstes? Griechenland? | |
| Kaum. Die Griechen wollen im Euro bleiben. Es gibt auch gar keine | |
| rechtliche Handhabe, sie auszuschließen. Eher könnten die Finnen diesen | |
| Bruch wagen. | |
| Warum Finnland? | |
| Die Geschichte zeigt: Wenn Währungsunionen auseinanderbrechen, dann sind es | |
| in der Regel reiche, kleine Länder, die als Erstes gehen. | |
| Viele Deutsche wären froh, wenn der Euro auseinanderbricht. Bei Umfragen | |
| sagt etwa die Hälfte, sie wolle die D-Mark zurückhaben. | |
| Ich kann nur davor warnen, den Euro aufzugeben. Das gäbe ein ganz böses | |
| Erwachen. Denn die neue DM hätte ja den Ruf, sehr stabil zu sein – | |
| Fluchtgeld aus allen Nachbarländern würde hierher drängen. Die neue DM | |
| würde enorm aufwerten. | |
| Wo läge der Kurs ungefähr? | |
| Es ist naturgemäß spekulativ, aber er könnte durchaus auf 1,80 Dollar | |
| steigen, denn die Finanzmärkte neigen immer zu Übertreibungen. Zum | |
| Vergleich: Momentan liegt der Eurokurs bei etwa 1,25 Dollar. | |
| Deutsche Urlauber würden sich freuen: Mit einer starken DM könnten sie | |
| billig nach Italien oder Griechenland reisen. | |
| Eine solche Aufwertung wäre verheerend: Die deutschen Exporte würden | |
| einbrechen, die Arbeitslosigkeit stark ansteigen, und viele deutsche Banken | |
| wären pleite, weil Italien oder Spanien ihre Euroschulden nicht mehr | |
| bedienen könnten. | |
| Aber die Bundesbank könnte eingreifen und den D-Mark-Kurs nach unten | |
| drücken? | |
| Viele machen sich völlig falsche Vorstellungen, wie dies funktioniert. Wenn | |
| die Bundesbank die Devisen kauft, müsste sie die erworbenen Lira oder | |
| Francs auch irgendwo anlegen – und zwar in Staatsanleihen der jeweiligen | |
| Länder. Damit aber würde Deutschland die Staatshaushalte von Italien oder | |
| Frankreich finanzieren – genau das, was die deutsche Regierung jetzt | |
| verhindern will. | |
| Das Ergebnis wäre also paradox: Wenn die DM kommt, würde Deutschland zum | |
| Zahlmeister Europas. Um wie viel Geld würde es denn gehen? | |
| Hier lohnt sich ein Blick in die Schweiz, die ja ebenfalls als sicherer | |
| Hafen gilt. Im Kampf gegen die Aufwertung sind dort die Devisenreserven von | |
| 80 auf über 400 Milliarden Franken angestiegen – dies entspricht gut 50 | |
| Prozent der Schweizer Wirtschaftsleistung. Es geht also um sehr große | |
| DM-Summen, die die Bundesbank zusätzlich drucken müsste. | |
| Ist das nicht genau das, wovor sich die Eurokritiker am meisten fürchten? | |
| Dies ist ein weiteres Paradox: Die Eurokritiker wollen auf gar keinen Fall, | |
| dass in der Eurokrise jetzt die EZB interveniert, weil dies die Geldmenge | |
| erhöhen könnte. Doch sie machen sich nicht klar, dass es viel schlimmer | |
| kommen würde, wenn wir die DM hätten. Der Euro ist die billigste Lösung. | |
| 31 Aug 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Ulrike Herrmann | |
| ## TAGS | |
| Statistisches Bundesamt | |
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