# taz.de -- Brinkmann und Bremen: Tabak-Profite mit Zwangsarbeit | |
> Bremen ist stolz auf Wolfgang Ritter, den Spender des Mosaiks im Bahnhof. | |
> Die Frage, wie er und sein Unternehmen mit dem NS-Regime paktierte, wird | |
> in Bremen gern verdrängt | |
Bild: Auch im Bremer Bahnhof präsentiert sich die Brinkmann-AG mit einem gespe… | |
BREMEN taz | Der Name Wolfgang Ritter hat in Bremen einen guten Klang. Die | |
„Wolfgang Ritter Stiftung“ ist nach ihm benannt, der Namensgeber war von | |
1933 bis 1945 und dann wieder seit 1949 Geschäftsführer der Zigarettenfirma | |
„Brinkmann AG“. Die Stiftung empfiehlt mit ihrem kulturellen Sponsoring den | |
Namen ihres Stifters. Ein Seenotkreuzer der Deutschen Gesellschaft zur | |
Rettung Schiffbrüchiger wurde nach Vater Hermann Ritter benannt, die | |
Stiftung sponsert die „Bremer Universitätsgespräche“ und lobt alljährlich | |
einen „Preis“ für besondere wissenschaftliche Leistungen aus. | |
Die biografischen Daten – 1933-1945, dann wieder ab 1949 – werfen dabei die | |
Frage auf, welches NS-Geschichte der Stifter hat. Als Karl-Heinz Roth | |
jüngst sein umfangreiches Werk über die Zwangsarbeit auf der Krim im | |
Interesse des Reemtsma-Konzerns veröffentlichte, da fragte der Bremer | |
Historiker Jörg Wollenberg, was denn der Brinkmann-Konzern unter Ritters | |
Führung in der Ukraine gemacht hat. Aber die Archive des Unternehmens sind | |
nicht auffindbar, vermutlich irgendwann nach dem Verkauf an Rothmans (1992) | |
vernichtet worden. Das Standard-Werk des Bremen-Historikers Herbert | |
Schwarzwälder schweigt sich zu dem Thema auffallend aus. | |
Immerhin – als Wolfgang Ritter 1933 die Firma übernahm, war Vater Hermann | |
Ritter als Deutsch-Nationaler Senator im ersten Bremer NS-Senat geworden. | |
Der Vater wurde danach „Leiter des Produktionsausschusses Tabak beim | |
Reichsminister Speer“ in Berlin. 1936 trat er der NSDAP bei und verlegte | |
den Firmensitz der „Martin Brinkmann AG“ nach Berlin, Wolfgang Ritter war | |
„Gesamtbetriebsführer“. Bernhard Reemtsma, der die gesamte Tabak-Planung | |
der NS-Diktatur steuerte, hat einen „Deal“ mit der bremischen | |
Tabak-Wirtschaft gemacht, sagt Karl-Heinz Roth: „Die Bremer haben 40.000 | |
Hektar Anbauflächen in der Ukraine zugeschanzt bekommen für den Anbau von | |
Virginia und Kentucky, also Pfeifen- und Zigarren-Tabaken.“ Der damalige | |
Bremer Handelskammer-Präses Karl Bollmeyer hatte schon 1940 der | |
NS-Regierung Vorschläge zur wirtschaftspolitischen Nutzung eroberter | |
Gebiete gemacht. Das war die Zeit, in der der Bremer Kaffee-Unternehmer | |
Ludwig Roselius Afrika als „Kolonialland der Bremer“ bezeichnete. Kurz nach | |
der Eroberung der Ukraine gründete Wolfgang Ritter die | |
„Ost-West-Gesellschaft Hansa“ mit Sitz im ukrainischen Luzk. Vor allem die | |
Ausnutzung der billigen Zwangsarbeiter, das wissen wir aus Roths Arbeit | |
über den Reemtsma-Konzern, machte den Tabak-Anbau zu einem großen Geschäft. | |
Die NS-Regierung legte im Gegenzug Wert auf eine vorrangige Versorgung der | |
Soldaten mit Zigaretten. | |
Nach seiner Entnazifizierung konnte Ritter 1949 sein Unternehmen neu | |
gründen, er brachte es zu einem Milliardenumsatz als eines der „größten und | |
erfolgreichsten Unternehmen Norddeutschlands“, heißt es auf der | |
Internet-Seite der Wolfgang Ritter Stiftung. Im Bremer Staatsarchiv finden | |
sich belastende Hinweise nur in der persönlichen Handakte eines früheren | |
Staatsarchiv-Leiters. | |
30 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
Klaus Wolschner | |
Klaus Wolschner | |
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Bunker | |
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