Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Ökumene in Deutschland: Um Gottes Willen!
> Eine Gruppe prominenter Politiker und Medienmacher fordert die Fusion der
> beiden großen christlichen Kirchen. Ein Protestant und ein Katholik
> sagen: Nein!
Bild: Fusion? Was würde Jesus dazu sagen?
## Contra
Ökumene? Mein Gott, warum nicht? Doch wollen die Katholiken wirklich von so
viel Liebgewonnenem Abstand nehmen?
Martin Luther wollte die EINE Kirche reformieren. Doch diese eine Kirche
wollte den Weg nicht mitgehen. Pechsache.
Nun glauben die einen halt in der optimierten Kirche – und die anderen in
der von damals. Warum sollte die evangelische Kirche von den vielen Ideen
Abstand nehmen, die in unserer Gesellschaft längst Realitäten geworden
sind, nur weil die Katholiken den Schuss noch nicht gehört haben? Also, was
müsste für eine Wiedervereinigung passieren? Zu allererst: Tschüs, Papst!
Kein Christ braucht jemanden, der für sich in Anspruch nimmt, näher an
Gottes Wort zu sein – und den Schäfchen sagt, was und wie sie zu glauben
haben. Vor Gott sind alle gleich. Der Papst darf sich gerne einreihen.
Dieses ganze Sünden- und Wir-sind-deiner-nicht-würdig-Gedöns ist dann
selbstverständlich auch vorbei. Gottes Liebe kann man sich nicht verdienen.
Das hieße ja, dass Gott in Belohnungs- und Bestrafungskategorien denkt und
danach handelt. Welch blasphemischer Gedanke. Gott nimmt ALLE Menschen an,
mit all ihren Makeln.
Hölle und Fegefeuer als Nachtod-Optionen hätten dann auch ausgedient. Das
Reich Gottes ist der einzige Ort, an den es die Verstorbenen führt – und
zwar Mann wie Frau.
Womit wir beim nächsten Thema sind: Die Gleichstellung. Ich weiß, eine
recht neue und total verrückte Idee, aber auch die müsste von den
Papstgetreuen gelebt werden. Ebenso abgefahren: die Abschaffung des
Zölibats. Wieso sollte ein nicht-gebundener Geistlicher besser wirken
können? Weil er seine ganze Liebe, seine ganze Kraft, sein ganzes Leben
Gott widmet? Dass katholische Pfarrer ihre ganze Manneskraft und Liebe nur
Gott zukommen lassen, ist ja nun in jahrhundertelanger Feldforschung
widerlegt worden.
Also, liebe Katholiken, bringt das alles mal eurem Chef bei – und dann,
aber auch nur dann: Herzlich willkommen! JÜRN KRUSE
## Contra
Um Gottes willen! Die Kirche soll mit den Falschgläubigen fusionieren? Eher
bisse der Herr höchstselbst folgende Hinweise in Stein und täte den Himmel
auf, sie auf Erden zu schicken. Denn höret – erstens:
Seit wann haben irgendwelche Laien in der Kirche was vorzuschlagen?
Zweitens: Die Protestanten waren es doch, die vom rechten Weg abgekommen
sind. Wenn sie zurückwollen – gerne. Das aber kann keine Fusion sein,
sondern nur eine Kapitulation. Bedingungslos. Denn drittens: Der Papst ist
und bleibt Chef. Basta. Weil viertens: Keiner hat schärfere Fummel an. Der
Mann ist eine Stilikone, sehen Sie im Vergleich doch mal Margot Käßmann an.
Viertens: Denken Sie an den interreligiösen Wettbewerb! Absurde Ajatollahs
mit Rauschebart und textiler Kopfaufstockung, in wallende Lappen gewickelte
Friedenspfeifen aus dem Himalaja – in dieser Liga können nur Katholiken
mitspielen, die Evangelen schaffen es ja nicht mal, sich was Ordentliches
zum Anziehen zu kaufen.
Fünftens: Nicht auszudenken, wenn das moraline Gequake à la Wolfgang Huber
und Katrin Göring-Eckhardt in richtigen Kirchen erklänge. Die meinen das
ernst! Bei katholischen Predigern ist wenigstens ein Augenzwinkern dabei,
wenn Homosexualität, außerehelicher Sex und Steuerhinterziehung gegeißelt
werden – jeder weiß ja, welche Halleluja-Rufe nach der Messe aus dem
Pfarrhaus erklingen.
Denn sechstens: Wir haben die Beichte, und schon ist alles wieder gut. So
macht Sünde Spaß, wo kämen wir hin, wenn jeder katholischer Amtsinhaber
nach Trunkenheitsfahrten zurücktreten würde? Siebtens: Wir haben mehr
Feiertage! Achtens: Jungfräulichkeit ist das kommende Ding, das bringt
Respect, Alter! Niemand fickt unsere Mutter Gottes! Neuntens: Die Jugend
braucht ein klar erkennbares Feindbild! Schließlich zehntens: Biodiversität
ist die Zukunft.
Eine Welt ohne putzige Gesellen wie Nacktmulle, Erdferkel und
Kurienkardinäle – das kann niemand wollen! Der Herr hat all diese Geschöpfe
erschaffen, daran soll der Mensch nicht rühren. Gott stehe uns bei! HEIKO
WERNING
6 Sep 2012
## AUTOREN
J. Kruse
H. Werning
## ARTIKEL ZUM THEMA
Vor Papstbesuch im Libanon: Papamanie in Beirut
In der Vorfreude auf den Besuch von Benedikt XVI. ist die Bevölkerung des
multikulturellen Libanons weitgehend einig. Aber es gibt auch andere
Stimmen.
Debatte um Einheitskirche: „Nicht alles abgelehnt“
Der Promi-Aufruf zu mehr Ökumene stößt auf wenig Gegenliebe. Freundlich,
aber reserviert reagieren die Kirchen.
Ökumene in Deutschland: Eine für alle
Politiker unterstützen ein Manifest für die „organisatorische Einheit“ der
Kirchen. In den Gemeinden wird sie oft schon praktiziert.
Das Schlagloch: Kruzifix nochmal!
Religionskonflikte sind immer auch Indizien für kulturellen Zerfall. Der
wird sich ohne bindenden Vertrag zwischen Religionen und Gesellschaft
fortsetzen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.