# taz.de -- Zu wenig Kita-Plätze: SPD rügt grüne "Scharlatanerie" | |
> Die Pläne der Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) für den Kita-Ausbau | |
> sind bei der SPD durchgefallen. Ihre Forsa-Umfrage sei "hochnotpeinlich". | |
Bild: Krabbelgruppen-Plätze: Wer braucht davon wie viele? | |
Eigentlich wollte die Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) gestern in der | |
Sozialdeputation ihre Planung für den Ausbau der Kindertagesbetreuung | |
vorlegen. Ab dem 1. August 2013 gilt der Rechtsanspruch auf einen | |
Kita-Platz auch für unter Dreijährige. Wie viele Plätze bis dahin | |
geschaffen werden müssen, ist nun die Frage. Inzwischen ist die Zeit so | |
knapp, dass Bauplanungsvorschriften außer Kraft gesetzt werden sollen, um | |
rechtzeitig noch neue Räume fertig zu bekommen. | |
Im Juni noch hatte Stahmann erklärt, sie wolle für die konkrete Planung die | |
Ergebnisse einer Forsa-Umfrage abwarten. Die SPD war skeptisch und warf die | |
Zahl 1.000 in die Diskussion. Gestern nun stellte der Forsa-Vertreter seine | |
Ergebnisse vor: Von 7.566 angeschriebenen Eltern hatten sich gerade 938 an | |
der Umfrage beteiligt, berichtete er. In Gröpelingen lag der Rücklauf bei | |
2,1 Prozent, in Borgfeld bei 35,6 Prozent. | |
Für die Frage, in welchen Stadtteilen wie viele Plätze geschaffen werden | |
müssen, gibt die Umfrage also nichts her. Das sei „hochnotpeinlich“, | |
schimpfte der SPD-Deputierte Rolf Prigge. „Unwissenschaftlich“ und „nicht | |
repräsentativ“ sei die Umfrage. Für derartige „Scharlatanerie“ solle man | |
kein Geld ausgeben. Wer eine Politik der sozialen Gerechtigkeit machen | |
wolle, der könne nichts mit einer Umfrage anfangen, bei der 80 Prozent der | |
teilnehmenden Eltern Abitur haben. | |
Die SPD habe „andere Vorstellungen“ als die grüne Senatorin, bestätigt | |
Klaus Möhle (SPD) diese Kritik, deswegen habe es in der Koalition keinen | |
Konsens über den Beschlussvorschlag der Senatorin gegeben. Die | |
Forsa-Umfrage gebe allenfalls Hinweise darauf, wo das „Klage-Potenzial“ in | |
der Stadt sitzt, meint Möhle. Das dürfe aber kein Kriterium für das | |
Kita-Ausbauprogramm sein. Die Debatte über die Zahlen bewege sich nach wie | |
vor auf dem Niveau eines Orakels: Die Linke fordere 2.000 neue Plätze, die | |
SPD 1.000, die Senatorin werfe die Zahl 200 in die Runde. | |
„Diese Zahl ist Schnee von gestern“, kontert Anja Stahmann. Sie will | |
inzwischen 200 Plätze schaffen „und darüber hinaus einen Korridor von | |
möglicherweise bis zu 150 weiteren Plätzen in die Planung aufnehmen“, heißt | |
es in ihrem Beschlussvorschlag. Näher erläutert wird das nicht. Stahmann | |
geht davon aus, dass die Nachfrage stufenweise steigen wird, sodass am Ende | |
möglicherweise 2.000 Plätze zusätzlich benötigt werden – aber erst in | |
einigen Jahren. | |
Die Planungen des Ressorts haben die Zielvorgabe, auf eine „eine annähernd | |
gleichmäßige Versorgungsquote in allen Stadtteilen“ vorbereitet zu sein, da | |
vor dem Ende der Anmeldefrist für das Kita-Jahr 2013/14 keine verlässlichen | |
Zahlen zu haben sein werden, heißt es in einem Papier des Ressorts. In die | |
internen Zahlenspiele werden aber auch Spielkreis-Angebote einbezogen, | |
obwohl die nicht das ersetzen, was der Rechtsanspruch meint. Wie viele | |
Eltern, die bisher Spielkreise in Anspruch nehmen würden, dann einen | |
Kita-Platz einfordern, ist eine der offenen Fragen. | |
Aus sozialpolitischen Gründen „latente Bedarfe zu wecken“, wie der | |
Sozialpolitiker Prigge es gefordert hat, lehnte Stahmann mit Hinweis auf | |
die Haushaltslage ab. | |
6 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Klaus Wolschner | |
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