# taz.de -- Senat: Männerwirtschaft ohne Wirtin | |
> Nachdem Wirtschaftssenatorin Sybille von Obernitz zurückgetreten ist, | |
> sucht die CDU wieder eine Frau für den Job. In der Partei findet sich | |
> wohl keine überzeugende Nachfolgerin. | |
Bild: "Wir sind noch nicht geübt darin, Frauen in Führungspositionen zu haben… | |
Die Berliner CDU muss den zweiten ihrer vier Regierungsposten neu besetzen. | |
Nachdem Sybille von Obernitz (parteilos) am Samstag von ihrem Posten als | |
Senatorin für Wirtschaft, Technologie und Forschung zurückgetreten ist, | |
will Landeschef und Innensenator Frank Henkel (CDU) wieder eine Frau als | |
ihre Nachfolgerin finden. Er hatte die einst von ihm ins Amt gehievte | |
Senatorin wegen eines Fehlers bei der Suche nach einem neuen Chef der | |
Berliner Messe zum Rücktritt gedrängt. Schon zu Beginn der Legislatur war | |
Michael Braun (CDU) wegen Vorwürfen zu seiner Tätigkeit als Notar nach | |
einem 12-Tage-Intermezzo als Justizsenator zurückgetreten. Präsidium und | |
Fraktionsspitze der CDU trafen sich am späten Sonntagabend, um zu beraten, | |
wer von Obernitz nachfolgen soll. Ein Ergebnis wurde bis Redaktionsschluss | |
nicht bekannt. | |
## Brüskierte Männer | |
Von Obernitz hatte einen Fehler bei der zweiten Ausschreibung des vakanten | |
Chefpostens der Messegesellschaft, deren Aufsichtsrat sie angehörte, | |
zugegeben: Sie hatte einen Headhunter ohne vorherige Ausschreibung | |
beauftragt. Ihren Kritikern kam das gerade recht: Vielen passte nicht, dass | |
von Obernitz die Nachfolgersuche wegen mutmaßlicher Verstöße gegen das | |
Landesgleichstellungsgesetz überhaupt an sich gezogen und damit den | |
ursprünglich verantwortlichen Aufsichtsratschef der Messe, Hans-Joachim | |
Kamp, brüskiert hatte. | |
„So ein Hickhack ist geschäftsschädigend“, sagte etwa der Präsident des | |
europäischen Bauernverbandes, Gerd Sonnleitner, der ebenfalls im | |
Messe-Aufsichtsrat sitzt. Berliner CDU-Vertreter lancierten | |
Rücktrittsforderungen. Schließlich gab Parteichef Henkel bekannt, er sehe | |
keine Basis für eine weitere Zusammenarbeit mit von Obernitz. | |
„Wenn man den Herren reinredet …“, kommentierte die Grünen-Abgeordnete | |
Nicole Ludwig via Twitter am Samstag die Vorgänge. Ludwig spielte darauf | |
an, dass sich männliche Wirtschaftsvertreter wiederholt über die | |
vermeintlich forsche und beratungsresistente Amtsführung der Senatorin | |
beklagt hatten. Von Obernitz selbst hatte gegenüber der taz schon Mitte | |
März gesagt: „Wir sind im wirtschaftsnahen Bereich in Deutschland noch | |
nicht wirklich geübt darin, auch Frauen in Führungspositionen zu haben.“ | |
Den Versuch, das zu ändern, musste sie nun aufgeben. | |
Politisch sei dies kein großer Verlust, erklärte der wirtschaftspolitische | |
Sprecher der Grünen-Fraktion, Ajibola Olalowo, gegenüber der taz. „Eine | |
klare wirtschaftspolitische Strategie war bei ihr nicht erkennbar.“ Ihr | |
Rücktritt zeuge von der desolaten Verfassung des Senats. „Ich glaube nicht, | |
dass diese Regierung eine Perspektive hat, die gesamte Legislaturperiode | |
durchzuhalten“, sagte Olalowo. | |
## Entlassung „befremdlich“ | |
Richtig findet die Industrie- und Handelskammer (IHK) die Entlassung. „Sie | |
hat ihre Kompetenzen überschritten, das darf nicht passieren“, so | |
IHK-Sprecher Dirk Nolte zur taz. Für die IHK war von Obernitz früher tätig | |
gewesen. | |
Rückendeckung erhielt von Obernitz dagegen von Piraten-Fraktionschef | |
Christopher Lauer: Sie habe für mehr Transparenz bei der Ausschreibung des | |
Messe-Chefpostens sorgen wollen. „Wenn eine Politikerin gehen muss, weil | |
sie sich dafür einsetzt, dann ist das ein sehr befremdlicher Vorgang“, | |
sagte Lauer. | |
Wer von Obernitz beerben soll, war am Sonntagabend völlig unklar. „Schön | |
wäre es schon, wenn es wieder eine Frau sein würde“, sagte Henkel. Dass die | |
stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Cornelia Seibeld Justizsenator | |
Thomas Heilmann beerben und dieser ins Wirtschaftsressort wechseln soll, | |
schloss er aber aus. Um wirklich eine Frau zu finden, müsste der CDU-Chef | |
wohl jemanden von außerhalb der Stadt anheuern – denn eine | |
wirtschaftspolitisch profilierte Politikerin gibt es in der Berliner CDU | |
nicht. | |
9 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Sebastian Puschner | |
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