# taz.de -- Hochschulrektoren-Präsident über Unis: „Die deutschen Hochschul… | |
> Laut OECD bildet Deutschland zu wenig Akademiker aus. Trotzdem sieht | |
> Hochschulrektoren-Präsident Hippler das Bildungssystem auf einem guten | |
> Weg. | |
Bild: Viel Platz ist nicht: Ein übervoller Hörsaal an der Freien Universität… | |
taz: Herr Hippler, gute Nachrichten für Sie als Präsident der | |
Hochschulrektoren: Die Industrieländer-Organisation OECD fordert in ihrem | |
neuen Bildungsbericht, dass Deutschland mehr junge Menschen zum Studium | |
bringen soll. | |
Horst Hippler: Die Forderung ist alt. Und es passiert eine Menge. Jedes | |
Jahr kommen mehr Studienanfänger. Aber wir haben eben ein sehr gutes | |
Berufsbildungssystem, das man nicht unterschätzen sollte. | |
Studieren also zu wenige Menschen oder nicht? | |
Wenn es in Deutschland so schlecht um die Bildung bestellt wäre, würden wir | |
wirtschaftlich nicht so gut dastehen. Das passt nicht zur Kritik. | |
Die Industrie- und Handelskammer Münster hat eine Kampagne gestartet mit | |
dem Slogan: „Mach erst mal ’ne Lehre“. Ärgert es Sie, dass | |
Ausbildungsbetriebe inzwischen so unverhohlen um Abiturienten werben? | |
Nein, gar nicht. Warum? | |
Ihnen machen sie damit begabte und potenzielle Studenten abspenstig. | |
Es gibt viele Wege zur Karriere. Warum sollte man nicht erst eine | |
Ausbildung machen, um dann zu studieren? Solche Entscheidungen sollte man | |
den Menschen selbst überlassen. Wir versuchen, die Durchlässigkeit zwischen | |
Berufsbildung und Hochschule zu erhöhen. Inzwischen kann man zum Beispiel | |
nach einer Meisterprüfung auch ohne Abitur studieren. | |
Gerade einmal zwei Prozent der Studienanfänger sind das. | |
Richtig, nur darf man nicht glauben, dass eine solche Öffnung gleich einen | |
riesigen Ansturm auslöst. Das dauert ein bisschen. Wir sind aber auf einem | |
sehr guten Weg. | |
Eine andere Studie dieser Woche zeigt: Vor allem von Abiturienten und | |
Fachabiturienten aus bildungsfernen Familien entscheidet sich ein immer | |
kleinerer Anteil für ein Studium. Ist es da nicht fatal, wenn die | |
Unternehmen so lauthals um Abiturienten als Azubis werben, während die | |
Hochschulen ständig über den Studierendenansturm stöhnen? | |
Im Moment wäre es nicht von Nachteil, wenn etwas weniger Studienanfänger | |
kämen. Der Drang an die Hochschulen ist groß, wir haben im Moment eine | |
heftige Überlast, die Hochschulen platzen aus allen Nähten. Ich kann mir | |
schwer vorstellen, warum Hochschulen in einer solchen Situation sagen | |
sollten: Kommt doch alle zu uns! | |
Um eher bildungsferne Abiturienten zu erreichen, müsste man aber stärker | |
für das Studium werben. | |
Das ist richtig. Aber das ist ein gesamtgesellschaftliches Problem. | |
… für das die Hochschulen keine Verantwortung tragen? | |
Die sind auch in der Verantwortung, aber nicht alleine. Wenn ein immer | |
größerer Prozentsatz der Bevölkerung das Abitur macht, kann das | |
Kompetenzniveau nicht dasselbe sein, wie noch vor 40 Jahren. Die jungen | |
Leute müssen erst einmal so ausgebildet sein, dass sie studieren können. | |
Sonst frustet sie das Studium nur. Hier sind erst einmal die Schulen am | |
Zug. | |
14 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Bernd Kramer | |
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Migration | |
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