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# taz.de -- Parteitag der Piraten: Die Basis muckt auf
> Die Piraten wählen ihren Altchef Gerhard Anger erneut zum
> Landesvorsitzenden - und diskutieren, wie angepasst ihre Partei bereits
> ist.
Bild: Der Wunsch nach Radikalität wächst wieder.
Er werde „keine 24/7-Bereitschaft“ anbieten, sagte Gerhard Anger in seiner
Bewerbungsrede. „Ich werde auch nicht jeden Streit schlichten und nicht
jedes Feuer löschen.“ Er wolle die Arbeit des Vorstands breiter verteilen,
auf einem Internetportal alle Aufgaben transparent machen. „Ein Stück Open
Government.“
Das reichte den 300 Berliner Piraten, die sich am Samstag in der Moabiter
Universal Hall zum Parteitag versammelt haben. Sie wählten Anger mit 79
Prozent der Stimmen zum neuen Landeschef. Mal wieder.
Bereits bis Februar war Anger Vorsitzender, in der Partei für seine ruhige,
vermittelnde Art geschätzt. Dann zog der 36-jährige Softwareentwickler
seinen Wiederantritt spontan zurück, begründete das mit dem „emotionalen
Druck“. Dass er im Juni die Arbeit der Piratenfraktion noch heftig
kritisierte, war am Samstag vergessen. Bescheiden bedankte sich Anger. Bis
Ende Februar wolle er sein Konzept umsetzen und den Bundestagswahlkampf mit
vorbereiten.
Acht Piraten, darunter zwei Frauen, waren für den Vorsitz angetreten. Einer
auch spontan: Fraktionär und Latzhosenträger Gerwald Claus-Brunner.
Mitglieder hätten ihn am Vortag in einem Brief um seinen Antritt gebeten.
Er sei „kein guter Diplomat“, räumte der in der Fraktion umstrittene
40-Jährige ein. „Aber ich sage offen und ehrlich meine Meinung.“ Dafür
gibt’s 35 Prozent der Stimmen, Mehrfachvoten waren möglich.
Mit Anger wird dem Landesvorstand, der zuletzt viel um sich selbst kreiste,
wieder eine offensivere Rolle zugetraut. Erst im Mai war Landeschef Hartmut
Semken nach mehreren Fehltritten zurückgetreten. „Ja, ich habe Scheiße
gebaut“, entschuldigte er sich auf dem Parteitag. Die Partei zeigte sich
versöhnlich: Sie spendete Applaus.
Verteidigen musste sich dagegen die Fraktion, genau ein Jahr nach ihrem
Einzug ins Abgeordnetenhaus. Zu selten besuchten die Abgeordneten die
Basis, zu schwer seien sie ansprechbar. Fraktionschef Christopher Lauer
konterte, dass auch von der Basis „wenig kommt“. Bisher hätten auch die
Piraten nicht die Gräben zwischen Politik und Bürgern geschlossen. „Stellt
Anträge ins Liquid Feedback, macht mit!“, appellierte auch Kollege Martin
Delius.
Ein Vorsitzbewerber forderte dagegen, wenn auch erfolglos, einen Rückzug
aus den Parlamenten – „zurück zur Internetopposition“. Der Wunsch, nicht…
angepasst zu werden, er war vielfach zu hören. Zum Vizechef wurde denn auch
Hanfparaden-Mitorganisator Benjamin Meyer gewählt, der forderte, die Partei
auch als „Bewegung“ beizubehalten. Eine Piratin warb für „Jobcenter Leak…
Ein Redner appellierte für den fahrscheinlosen Nahverkehr. Am Sonntag fand
gar ein Antrag zur Abschaffung der Schulplicht eine Mehrheit. Dann wurde es
wieder realpolitisch: Nach langer Diskussion stimmte die Partei dafür, dem
444 Millionen Euro schweren Nachtragshaushalt des Senats für den
BER-Flughafen zuzustimmen - sofern sich dessen Zahlen als „seriös“
erwiesen.
KONRAD LITSCHKO
16 Sep 2012
## AUTOREN
Konrad Litschko
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