# taz.de -- Entsorgungsangebot zurückgezogen: GIZ lässt Bhopal-Giftmüll in I… | |
> Die Deutsche Entwicklungsgesellschaft GIZ will nun doch keinen | |
> Bhopal-Giftmüll entsorgen. Kritiker bewerteten das Vorhaben als | |
> Alibi-Aktion. | |
Bild: Protest gegen Dow Chemical in Bhopal. Union Carbide, Verursacher der Gift… | |
DELHI taz | Späte Einsicht: Die staatliche deutsche Gesellschaft für | |
Internationale Zusammenarbeit (GIZ) hat ihr Angebot zur Entsorgung von | |
Giftmüll aus dem indischen Bhopal zurückgezogen. Begründet wurde der | |
Schritt in einem Schreiben der GIZ an den indischen Finanzminister, aus dem | |
die Nachrichtenagentur dpa am Montag zitierte, mit der Veröffentlichung | |
vertraulicher Projektunterlagen durch deutsche Medien. | |
In Bhopal hatte 1984 die größte Chemiekatastrophe aller Zeiten | |
stattgefunden, in einer Pestizid-Fabrik der US-Firma Union Carbide. Etwa | |
25.000 Menschen starben, teils unmittelbar nach der Katastrophe, teils an | |
Spätfolgen. Viele der Opferfamilien haben nie gute medizinische Behandlung | |
oder angemessene Entschädigungen bekommen. | |
Und sie leiden bis heute unter dem durch die Fabrikrückstände vergifteten | |
Grundwasser in Bhopal und anderer Umweltfolgen vor Ort. Denn die | |
Unglücksfabrik liegt heute noch so da, wie sie damals verlassen wurde. | |
Das wollte die GIZ ändern und hatte der indischen Regierung die Entsorgung | |
von 350 Tonnen Giftmüll aus dem Inneren der Fabrik angeboten. Abdul Jabbar | |
von der Opferbewegung von Bhopal hatte dies angesichts der Gesamtmenge von | |
30.000 Tonnen als „reine Augenwischerei“ bezeichnet, mit der der Konzern | |
Dow Chemical aus der Schusslinie genommen werden sollte. | |
Dow Chemical hatte vor rund einem Jahrzehnt Union Carbide gekauft, | |
übernimmt aber keine Verantwortung für die Bhopal-Schäden. In deutschen | |
Medienberichten wurde zudem unterstellt, dass die Entsorgung des Giftmülls | |
durch die GIZ „Interessen der deutschen Öffentlichkeit zuwiderlaufe“. Unter | |
Verweis auf diese Berichte zog die GIZ nun ihr Angebot zurück. Sie traut | |
sich offenbar nicht mehr, Bhopal-Müll zu entsorgen, weil man auch | |
hierzulande davor Angst haben könnte. | |
Als weiterer Grund soll hinzugekommen sein, dass sich die Verhandlungen mit | |
der indischen Regierung als zunehmend kompliziert dargestellt haben sollen. | |
Vermutlich aber sind beide Seiten froh, aus dem Geschäft einigermaßen | |
unbeschadet herausgekommen zu sein. Die indische Regierung wollte sich ein | |
Alibi für ihr Nichtstun in Bhopal schaffen. Doch das wurde in Indien | |
schnell durchschaut. Die GIZ aber ahnte vorher wohl nicht, in welchen | |
Leichenkeller sie sich in Bhopal begeben würde. Die Jahrhundertaufgabe | |
bleibt weiter ungelöst. | |
18 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Georg Blume | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024 | |
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