# taz.de -- Kommentar USA und Muslime: Move on! | |
> So begrüßenswert der Ansatz gegenüber Muslimen in aller Welt ist, sich | |
> von Provokationen zu distanzieren: Die US-Regierung spielt mit dem Feuer. | |
Die US-Regierung kauft bei pakistanischen TV-Programmen Sendezeit, um vor | |
den gefürchteten Freitagsprotesten noch einmal klarzustellen, dass sie das | |
Islamhasser-Video über den Propheten Mohammed furchtbar findet, damit | |
nichts zu tun hat – und Gewalt als Reaktion ablehnt. Das ist ein einmaliger | |
Vorgang. Und er wirkt unglaublich hilflos. | |
Die US-Rechte beklagt, die Regierung entschuldige sich, anstatt die | |
Meinungsfreiheit offensiv zu verteidigen, und verrate damit „amerikanische | |
Werte“ – als würde religiöse Toleranz nicht dazugehören. Dennoch: Die | |
US-Regierung spielt in diesem Fall tatsächlich mit dem Feuer. | |
Nicht nur dass sie de facto die Sichtweise übernimmt, nach der es irgendwie | |
berechtigt sei, wegen eines blöden YouTube-Videos massenhaft auf die Straße | |
zu gehen; sie tut auch so, als seien es nicht vor allem innenpolitische | |
Ziele, die die aufrufenden Organisationen mit diesen Protesten verfolgen, | |
sondern als sei es tatsächlich „die muslimische Welt“, die sich da empöre. | |
So begrüßenswert an sich der Ansatz ist, sensibel statt arrogant zu | |
reagieren und sich von Provokationen zu distanzieren – er führt in diesem | |
Fall nicht weiter. Denn die Forderungen, mit denen etwa die Hisbollah im | |
Libanon in der vergangenen Woche zu Protesten aufrief, sind klar: ein | |
weltweites Verbot von Blasphemie und harte Bestrafung. Da können und wollen | |
bitte nicht nur die USA nicht mitgehen. Dieser religiösen Radikalität | |
gehört auch keine entschuldigende Erklärung entgegengesetzt. | |
Sicher wünscht man sich, das Mohammed-Video der US-Islamhasser wäre nie | |
gemacht worden. Aber nun ist es in der Welt. Die Botschaft der US-Regierung | |
muss lauten: Keep cool, ignore it, let’s move on. Der US-Drohnenkrieg in | |
Pakistan hätte Proteste jedenfalls allemal mehr verdient. Aber das wird die | |
US-Regierung nicht per Fernsehclip verbreiten. | |
21 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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