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# taz.de -- Pläne für Nichtraucherschutz in NRW: Raucher machen mobil
> Die Traditionsbataillone der SPD mobilisieren gegen
> Nichtraucherschutzpläne der grünen Gesundheitsministerin Barbara
> Steffens. Chancen haben sie kaum.
Bild: Mögliches Auslaufmodell: Teile der SPD an Rhein und Ruhr befürchten bei…
BOCHUM taz | Die Wut auf Nordrhein-Westfalens Gesundheitsministerin Barbara
Steffens ist riesig. Sie trieft förmlich aus den Anträgen, mit denen die
Raucherinnen und Raucher unter Nordrhein-Westfalens Sozialdemokraten die
Grüne beim heutigen SPD-Landesparteitag in Münster ausbremsen wollen.
„Ausgrenzend, bevormundend und stigmatisierend“ sei die von „Steffens
geplante Verschärfung des Nichtraucherschutzgesetzes“, finden nicht nur die
GenossInnen des Kölner Ortsvereins Bickendorf / Ossendorf. Ein
Kneipensterben fürchten auch SPDler aus Essen, Dortmund oder Düsseldorf:
Dürfe am Tresen nicht mehr geraucht werden, blieben die Gäste zu Hause,
glauben sie – und warnen vor einer „toten Szene“, „verödeten Vierteln�…
„Arbeitslosigkeit“ unter Wirten.
Denn noch herrscht an Rhein und Ruhr das real existierende Paradies für
Raucher: Zwar hat die 2010 abgewählte schwarz-gelbe Regierung von
Ex-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers schon Anfang 2008 ein
Nichtraucherschutzgesetz beschlossen – doch das blieb lasch: Verboten wurde
das Rauchen nur in öffentlichen Gebäuden wie Krankenhäusern oder Schulen.
In der Gastronomie aber wird weitergepafft. In „Eckkneipen“, die kleiner
als 75 Quadratmeter sind, darf hemmungslos gequalmt werden, solange der
Wirt draußen einen kleinen Raucheraufkleber an die Tür pappt. Größere Läden
müssen zwar einen separaten Nichtraucherbereich vorweisen – doch in dem
darf selbst in Restaurants noch blauer Dunst in die Luft geblasen werden.
## Rauchen nur noch unter freiem Himmel
Geht es nach Steffens, wird damit bald Schluss sein: In der Öffentlichkeit
soll nur noch unter freiem Himmel geraucht werden dürfen. In Kneipen, aber
auch in Schützenfestzelten und bei Karnevalssitzungen will die Grüne für
klare Luft sorgen – und kassierte schon bei Vorlage ihres verschärften
Gesetzesentwurfs im Juli den geballten Protest von CDU, FDP und Piraten.
Steffens wolle die „Feierabend-Zigarette“ verbieten, polterte ausgerechnet
der christdemokratische Ex-Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann.
FDP-Chef Christian Lindner warnte vor Steffens' „Gesetzesbefehl“, die
Piraten-Abgeordnete Simone Brand sah die „selbstbestimmten Lebensweise“ in
Gefahr: Schließlich soll das Rauchverbot selbst dann gelten, wenn Kneipen
für eine Familienfeier als „geschlossene Gesellschaft“ privat angemietet
werden. Steffens wolle dem Opa die Zigarre zum 80. Geburtstag verbieten,
klagen Raucher.
Ähnlich argumentieren auch die aufmüpfigen Sozialdemokraten aus Köln,
Dortmund oder Essen – dabei hat das rot-grüne Kabinett von
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft Steffens' Vorstoß
längst gebilligt.
Die Genossen sehen ihre Stammwählerschaft in Gefahr: „Es gibt doch schon
sehr viele Nichtraucherkneipen“, sagt etwa die Sozialdemokratin Marita
Hetmeier, die im Dortmunder Brennpunkt Nordstadt seit Jahren gegen „grüne
Volkserzieher“ wettert. Es gebe „sehr gute Chancen“, Steffens'
Nichtraucherschutz noch zu kippen, sagte Hetmeier der taz.
## Forderung nach Volksentscheid
Wahrscheinlich ist das nicht – schließlich gilt auch Regierungschefin Kraft
als Anhängerin eines strengen Nichtraucherschutzes. Zwar fordert die SPD im
Hochsauerland bereits einen Volksentscheid. Die Parteitagsregie in Münster
will als Kompromiss aber nur Ausnahmen für private Feiern,
„Brauchtumsveranstaltungen“ wie Schützenfeste und Karneval und „angemess…
Übergangsfristen“ für Wirte anbieten.
Gegen einen Volksentscheid sperren sich auch die sonst so
basisdemokratischen Grünen. So betont Landtagsfraktionschef Reiner Priggen,
er fände „Volksentscheide grundsätzlich gut“ - aber im Fall des
Nichtraucherschutzes „nicht nötig“: Schließlich wolle ein Mehrheit der
BürgerInnen „klare Regeln zum Schutz der Nichtraucher“.
Nötig sei der in jedem Fall, argumentiert auch der grüne
Gesundheitspolitiker Arif Ünal und verweist auf die Krebsgefahr, das
erhöhte Herzinfarktrisiko. Selbst die Angst vor einem Kneipensterben kann
Ünal entkräften: So sei der Umsatz der „getränkegeprägten Gastronomie“ …
Bayern nach Einführung des strikten Raucherverbots sogar gestiegen – um
satte sieben Prozent.
28 Sep 2012
## AUTOREN
Andreas Wyputta
## TAGS
Rauchen
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