# taz.de -- Werder Bremen verliert gegen Bayern: Falsche Gewichtsklasse | |
> Beim Spiel gegen die Bayern trauern die Bremer Ultras um ein verstorbenes | |
> Mitglied. Das drückt auf die Stimmung – ebenso wie die verlorenen Punkte. | |
Bild: Erfolgreicher Kurzarbeiter: Der eingewechselte Mandzukic entschied mit de… | |
BREMEN taz | Wie in jedem anderen Stadion erklingt auch im Weserstadion vor | |
Spielbeginn die Hymne der Heimmannschaft. Die heißt in Bremen „Lebenslang | |
Grün-Weiß“ und enthält ein Tondokument, von dem die Herzen der Werder-Fans | |
auch achteinhalb Jahre, nachdem es aufgenommen wurde, noch zehren: „Das | |
Spiel ist aus: Der Deutsche Meister 2003/2004 heißt Werder Bremen“, endet | |
der ins Lied geschnittene Originalkommentar zum 3:1-Sieg der Bremer in | |
München, mit dem damals die Meisterschaft entschieden wurde. | |
Für die Mannschaft von Werder schien dieses Lied in den letzten Jahren eher | |
zur Bürde zu werden. Stellt es doch eine Messlatte dar, die sie Jahr für | |
Jahr wieder ins Visier nahmen, am Ende aber wieder ein Stück deutlicher | |
verfehlt hatten. Damit ist nun Schluss. Das Lied wird zwar noch gespielt, | |
aber der damit verbundene Anspruch ist verschwunden. | |
Werder hat die Mannschaft verjüngt und verbilligt und sich damit | |
abgefunden, bis auf weiteres in einer anderen Liga zu spielen als die | |
Bayern. „Nicht unsere Gewichtsklasse“, sagte Werder-Geschäftsführer Klaus | |
Allofs nach dem Spiel und fand das Ergebnis gar „nicht so brutal“. | |
Leidenschaftlich verteidigten die Bremer bis zur 81. Minute ihre | |
Spielhälfte. Hinter der Mittellinie bauten sie mit elf Mann ein dichtes | |
Abwehrnetz auf, in dem sich die Bayern immer wieder verfingen. Bei | |
Ballgewinn setzten die Bremer sofort mit Vertikalpässen ihre schnellen | |
Spitzen Eljero Elia, Marko Arnautovic oder Nils Petersen ein. Die standen | |
dem Münchner Deckungsverbund dann aber meist unterlegen gegenüber. Den | |
Mittelfeldspielern fehlte der Mut, entschlossen nachzurücken. | |
## Heynckes wechselte den Sieg ein | |
Da die Münchner ihrerseits eine Stunde lang statisch und behäbig agierten, | |
plätscherte das Spiel vor sich hin. „Lätschern“ nannte der polternde | |
Bayern-Sportdirektor Matthias Sammer den Auftritt seines Teams. Aber wer so | |
eine Bank wie die Münchner hat, braucht nicht in Hektik zu verfallen. | |
Mit den Neuzugängen Xherdan Shaquiri, Mario Mandzukic und Javi Martinez | |
wechselte Trainer Jupp Heynckes Mitte der zweiten Halbzeit den Sieg ein. | |
Vor allem der quirlige Shaquiri schuf auf der zentral offensiven | |
Mittelfeldposition wesentlich mehr Löcher als sein Vorgänger Toni Kroos. | |
Eins davon nutze Luiz Gustavo in der 81. Minute, um den Ball aus 20 Metern | |
in aller Ruhe über den weit vorm Tor stehenden Sebastian Mielitz zu | |
schlenzen. Die nun wild anrennenden Bremer wurden dann ausgebremst durch | |
das 2:0 von Mandzukic. „Ihr seid cool und wir sind heiß“, heißt es in der | |
Werder-Hymne. Zum Leidwesen der Bremer scheinen die Bayern gerade eine Ära | |
einzuleiten, in der Coolness über die Hitze siegt. | |
## Schwarze Luftballons in der Kurve | |
So hatte dieses berechenbare Spiel seine emotionalsten Momente schon vorm | |
Anpfiff. Da war zum einen die Verabschiedung von Claudio Pizarro aus | |
Bremen. Die Anhänger beider Mannschaften feierten den Peruaner mit | |
stehenden Ovationen. Richtig unter die Haut ging aber der endgültige | |
Abschied von einem, den die wenigsten Zuschauer bis Samstag kannten. Die | |
Bremer Ultras trauerten mit schwarzen Luftballons, einem großen Konterfei, | |
Punkmusik und bewegenden Worten um ihr kürzlich verstorbenes Mitglied Jan | |
Hoppe. | |
Bereits vor einer Woche war Hoppe, der gleichzeitig bei den | |
St.-Pauli-Ultras aktiv war, am Millerntor verabschiedet worden. Er war | |
„einer der Pioniere für eine Kurve frei von Diskriminierung“, heißt es in | |
einem Aufruf der Bremer Ultra-Gruppe Infamous Youth. | |
90 Minuten lang hatte die Ultra-Bewegung, gegen die meist unreflektiert | |
gehetzt wird, für alle Zuschauer ein Gesicht. Eines, das dafür steht, dass | |
im Weserstadion im Gegensatz zu manch anderer Arena kein Gegner mit | |
rassistischen, sexistischen oder homophoben Sprüchen beleidigt wird. | |
Die Trauer ging auf Kosten des Supports für die eigene Mannschaft, das war | |
vorher so angekündigt worden. Das erste Mal seit Jahrzehnten gab’s kein | |
„Zieht den Bayern die Lederhosen aus“ zu hören. Gegen diese Bank hätte das | |
ja auch nichts genützt. | |
30 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Ralf Lorenzen | |
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