# taz.de -- Kommentar VS Thüringen: Löst sie endlich auf! | |
> Was Thüringen und Afghanistan gemeinsam haben? Beide Länder bekommen ihre | |
> Geheimdienste nicht in den Griff. Sie sind Failed States. | |
Bild: Aktenordner des NSU-Untersuchungsausschusses. Und es werden immer mehr. | |
Da lässt dann also der thüringische Landesinnenminister die | |
Naziterror-Akten lieber von Bereitschaftspolizisten kopieren und in | |
Sicherheit bringen, als sie dem eigenen Landesverfassungsschutz noch einmal | |
in die Hände zu geben. Wer weiß, was die Geheimdienstler damit veranstalten | |
würden – womöglich spontan verbrennen? | |
Das Verhalten von Jörg Geibert ist ehrenwert und entspricht den scharfen | |
Worten, mit denen sich auch seine Chefin, Thüringens Ministerpräsidentin | |
Christine Lieberknecht (CDU), früh in Sachen NSU eingebracht hat. Sie | |
schlug die Fusion, sprich Auflösung der Landes-Verfassungsschutzämter vor. | |
Was muss eigentlich noch passieren, bis die Landesgeheimdienste abgeschafft | |
werden, wenn selbst die zuständigen Regierungen sie loswerden oder | |
jedenfalls wichtiges Papier von ihnen fernhalten wollen? Möglicherweise | |
lohnt hierzu ein Blick ins Ausland, etwa an den Hindukusch. Dort werden aus | |
solchen Vorgängen Konsequenzen gezogen. | |
So gab die pakistanische Regierung zu, dass sie ihres eigenen | |
Geheimdienstes ISI nicht Herr werde, weshalb sich die USA bitte selbst um | |
die Terroristen an der Grenze zu Afghanistan kümmern mögen. Auch in | |
Afghanistan kooperiert Regierungschef Hamid Karsai deshalb mit der Nato, | |
weil er seine eigenen Behörden nicht im Griff hat. | |
Mit welchem Recht bezeichnet man solche Nationen dann aber noch als failed | |
state, gescheiterten Staat? Vermutlich funktioniert etwa die | |
Gesundheitsversorgung in Thüringen noch besser als in Afghanistan. Doch | |
verblüfft das Staatsversagen in Erfurt selbst hartgesottenere Gemüter. | |
Aus der Erfahrung mit den korrupten, unterwanderten Staaten in aller Welt | |
lässt sich ein Schluss ziehen: Wer Geheimdienste aufstört, muss damit | |
rechnen, dass sie um sich schlagen. Vielleicht sollten sich Geibert und | |
Lieberknecht schon einmal mit dem State-building-Instrumentarium von UN und | |
Nato vertraut machen. | |
11 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Winkelmann | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Rechter Terror | |
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