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# taz.de -- Stadtluft: Atmen oder tanken
> Urteil zu Umweltzonen verstärkt Druck auf Großstädte im Norden, den
> Autoverkehr zu beschränken. Hamburg will Grenzwerte erst im nächsten
> Jahrzehnt einhalten. Osnabrück aber beweist, dass es ganz rasch geht
Bild: Funktioniert: Umweltzone in Osnabrück.
Hamburg müsse „endlich mehr für saubere Luft tun“, fordert Manfred Braasc…
„Und den gerade vorgestellten Entwurf des Luftreinhalteplans kann der Senat
nach diesem Urteil neu schreiben.“ Was der Landesgeschäftsführer der
Umweltorganisation BUND meint, ist ein Richterspruch aus München, der das
Land Bayern verpflichtet, in der Landeshauptstadt „konkrete Maßnahmen zur
Schadstoffreduktion zu ergreifen“. Das Urteil des Verwaltungsgerichts von
Dienstag sei „richtungsweisend für das deutsche Umweltrecht insgesamt“,
sagt der Berliner Rechtsanwalt Remo Klinger, der den Kläger Deutsche
Umwelthilfe (DUH) in dem Verfahren vertreten hat.
Wie viele andere Städte auch kann München die von der EU festgelegten
Grenzwerte für Schadstoffe in der Atemluft nicht einhalten, obwohl seit 1.
Oktober in der Umweltzone der Innenstadt sogar die dritte und schärfste
Stufe – die grüne Plakettenpflicht – gilt (siehe Kasten). Deshalb müsse d…
Stadt nun weitere Maßnahmen zur Senkung der Emissionen vor allem des
Autoverkehrs umsetzen, verlangt das Verwaltungsgericht. Die Hamburger
Umweltbehörde will vor einer Stellungnahme die schriftliche Begründung des
Urteils abwarten: „Wir werden das sorgfältig prüfen“, sagt ihr Sprecher
Frank Krippner.
Das dürfte ratsam sein: Seit Langem schon kann die Hansestadt die
Grenzwerte für Schadstoffe in der Atemluft nicht einhalten, speziell für
das hochgiftige Stickstoffdioxid (NO2) ist auf mittlere Sicht keine
Entwarnung zu erwarten. An den meisten „Verkehrsmessstationen wird der
Grenzwert voraussichtlich erst nach 2020 erreicht sein“, heißt es im
Entwurf des Hamburger Luftreinhalteplans, der vor einer Woche
veröffentlicht wurde. Etwa drei Viertel der Emissionen seien auf den
lokalen Straßenverkehr zurückzuführen.
Dennoch seien „verkehrsbeschränkende Instrumente“ wie eine Umweltzone oder
die City-Maut nur von geringer Wirkung: Sie könnten „zu
Verkehrsverlagerungen im Straßennetz führen und eine Verschlechterung an
anderen Straßenabschnitten bewirken“. In einem ersten vertraulichen Entwurf
dieses Planes, den die taz Anfang August veröffentlichte, lautete diese
Passage noch anders. Nach Modellrechnungen seien die Grenzwerte „nur mit
sehr einschneidenden verkehrsbeschränkenden Maßnahmen“ einzuhalten – eben
Umweltzone und City-Maut.
Beides aber hat SPD-Bürgermeister Olaf Scholz ausgeschlossen: „Wir lehnen
das ab“, sagt sein Sprecher Christoph Holstein knapp. Stattdessen will
Hamburg „mildere Mittel“ einsetzen, wie es im Luftreinhalteplan heißt:
besseren Nahverkehr, Förderung des Radfahrens, Hoffen auf E-Mobilität,
besseres Mobilitätsmanagement und sauberere Kraftwerke in Folge der
Energiewende. Alles mögliche Maßnahmen, die München laut
Verwaltungsgerichtsurteil auch ergreifen oder intensivieren muss –
zusätzlich zur Umweltzone.
Dass dieses Instrument sinnvoll ist, hat Osnabrück bewiesen. Im Jahr 2008
war laut Luftmessungen der Schlosswall am Rand der Innenstadt die giftigste
Stelle Niedersachsens. Am 1. Januar 2010 führte Osnabrück die Umweltzone
ein. Eine erste Bilanz im Mai 2011 ergab, dass bis 2015 nur noch an drei
von elf Messpunkten „geringfügige Überschreitungen der Grenzwerte“ zu
erwarten seien – und mit weiterer Förderung des Radfahrens und des
Öffentlichen Nahverkehrs in den Griff zu bekommen.
Aus Sicht des BUND ist deshalb der Hamburger Luftreinhalteplan „Flickwerk“.
Das Eingeständnis, EU-Grenzwerte frühestens 2020 einhalten zu wollen, „ist
geradezu eine Aufforderung an die Umweltverbände und die Hamburger
Bevölkerung, nach Münchner Vorbild ebenfalls vor Gericht zu ziehen“.
11 Oct 2012
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
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