# taz.de -- Klinikskandal: Fachaufsicht über die Kliniken? "Niemand!" | |
> Vor dem Untersuchungsausschuss wehrte sich gestern die | |
> Gesundheitssenatorin gegen eine Mitverantwortung: Die Fachaufsicht habe | |
> sie nicht | |
Bild: Ein historischer Moment: Gesundheitssenatorin und Kliniken-Chef räumen g… | |
Selbstbewusst und kämpferisch hat sich gestern die Gesundheitssenatorin | |
Renate Jürgens-Pieper (SPD) gegen die Kritik des Essener Hygienikers Walter | |
Popp an ihrem Krisenmanagement in Sachen Hygiene-Skandal gewehrt. Popp | |
hatte in seinem Gutachten der Senatorin eine Verletzung ihrer | |
Sorgfaltspflicht vorgeworfen – und mangelhaftes Krisenmanagement. Er kenne | |
sich offenbar juristisch nicht aus, erwiderte sie, es gebe zudem in dem | |
Gutachten, dutzende „handwerklicher Mängel“, die Vorwürfe könne sie „o… | |
Ausnahme entkräften“. | |
Die hohen Hygiene-Standards, die heute umgesetzt seien, seien eben bis ins | |
vergangene Jahr nicht gesetzlich verpflichtend gewesen, erklärte sie. Seit | |
2009, darauf hatte Popp hingewiesen, seien diese Standards offiziell als | |
„Stand der medizinischen Erkenntnis“ formuliert. | |
Auch das „Ausbruchsmanagement“ zur Bekämpfung der Keime sei Sache der | |
Kliniken, erklärte Jürgens-Pieper. Der Gutachter hatte darauf hingewiesen, | |
dass die Senatorin in das Krisenmanagement so eingegriffen hätte, als sei | |
sie unmittelbar verantwortlich – ohne aber die fachlichen Kenntnisse in | |
ihrer Behörde dafür zu haben. Im „Krisenstab“ sei es auch mehr um die | |
Image-Probleme des Klinikums Mitte gegangen, wesentliche Fachleute, die die | |
Ursachen der Hygiene-Mängel hätten bekämpfen können, seien dort nicht | |
vertreten gewesen. Zum Beispiel sei die – mit der Privatisierung | |
ausgegliederte – Reinigung ein großes Problem gewesen, die Verantwortlichen | |
für die Reinigung seien aber nicht am Tisch gewesen. Das würde man heute | |
anders machen, räumte Jürgens-Pieper ein. | |
In dem Krisenstab hat übrigens der zuständige Hygiene-Fachmann, Axel | |
Kappler, keine Rolle gespielt, berichtete der Gutachter. Er wurde später | |
freigestellt wegen der Mängel seiner Arbeit. Kappler hätte nach den in | |
Bremen geltenden Bestimmungen 2007 nicht diese Verantwortung übertragen | |
werden dürfen, räumte Jürgens-Pieper gestern ein. Inzwischen ist, wie seit | |
2009 als „Stand der medizinischen Erkenntnis“ festgelegt, ein Facharzt für | |
Hygiene für diese Aufgabe eingestellt. 2009 war an drei Kindern der | |
fragliche Keim festgestellt worden. Wenn Kappler sich im April 2011, als | |
der nächste Nachweis in seinem Labor erbracht wurde, daran erinnert hätte | |
oder wenn er über gefährliche Keime eine Excel-Tabelle geführt hätte, hätte | |
er das merken können und Alarm schlagen müssen – Monate vor dem ersten | |
Todesfall. | |
„Wer hat denn die Fachaufsicht über die Kliniken?“ fragte die | |
CDU-Gesundheitspolitikerin. „Niemand“, antwortete Jürgens-Pieper | |
verblüffend knapp. Mohr-Lüllmann mochte das kaum glauben und zitierte aus | |
einem Senatsbeschluss von 2007, nach dem die Gesundheitsbehörde ihre | |
Fachaufsicht über die privatisierten Kliniken ausbauen werde. Das sei | |
„sachlich falsch“ formuliert, erklärte die Senatorin, eine Fachaufsicht | |
habe die Gesundheitsbehörde nicht. Und konterte: „Sie waren doch in der | |
Koalition, die das politisch gewollt hat.“ Mohr-Lüllmann: „Das kann nicht | |
Sinn einer Ausgliederung öffentlicher Aufgaben sein.“ | |
11 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Klaus Wolschner | |
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