Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Neues Spiel „Medal of Honor Warfighter“: Sauberer Pixel-Krieg
> Beim neuen Spiel „Medal of Honor“ arbeiten die Entwickler eng mit dem
> Militär zusammen. Sie verharmlosen damit den Krieg.
Bild: Action-Spiel „Medal of Honor“. Gefühlte Nähe zum Krieg?
In Medal of Honor Warfighter schlüpfen Spieler in die Kampfstiefel der am
besten ausgebildeten und fähigsten Soldaten, die es heute gibt, und erleben
Missionen, die einen direkten Bezug zu Terrorakten in der realen Welt
haben“, heißt es begeisternd auf der Website des am 25. Oktober
erscheinenden neuesten Teils der „Medal of Honor“-Videospiel-Reihe.
Die Geschichte des Spiels vom US-Publisher „Electronic Arts“ (EA) wurde von
US-Elitesoldaten geschrieben. Matt Bissonnett, ein ehemaliger US-Navy Seal
der auch beim Militäreinsatz gegen Osama bin Laden dabei gewesen sein soll,
hat sogar bei der Spiel-Entwicklung mitgeholfen. Passend dazu soll in dem
Spiel auch die Jagd auf Al-Kaida-Führer bin Laden nachgespielt werden
können. „Darüber hinaus waren über 20 Mitglieder von 12 verschiedenen
sogenannten Tier 1 Einheiten aus 10 Ländern beratend tätig“, erklärt
[1][Martin Lorber, PR-Director von EA-Deutschland] auf Anfrage.
Als „Tier 1 Einheiten“ werden die meist militärischen Spezialeinheiten
verschiedener Nationen bezeichnet – die Besten der Besten. Unter anderem
sollen Soldaten von der kanadischen Spezialeinheit „Joint Task Force 2“,
dem polnischen „GROM“ und dem australischen „Special Air Service Regiment…
bei der Entwicklung von „Medal of Honor Warfighter“ mitgeholfen haben –
deutsche Soldaten waren entgegen früherer Aussagen der Spielentwickler
nicht beteiligt.
Und warum der enge Kontakt mit echten Soldaten? „Die Beratung soll
sicherstellen, dass die Geschichte des Spiels, aber auch die dargestellten
militärischen Taktiken möglichst authentisch sind“, so Martin Lorber. Die
Zusammenarbeit mit den Soldaten ist nicht alles.
## Zielvisiere aus der realen Welt
Für den neuen „Medal of Honor“-Teil arbeiten die Entwickler auch gleich mit
einer ganzen Reihe von Waffenherstellern und Militärausrüstern zusammen und
präsentieren die [2][Partner stolz auf ihrer Website] – wer das Videospiel
vorbestellt, bekommt für seine virtuellen Waffen als Bonus drei
Zielvisiere, die in der realen Welt vom [3][US-Militärausrüster „Trijicon �…
Brilliant aiming solutions“] hergestellt werden. Der [4][Hieb- und
Stichwaffen-Hersteller „SOG“] hat für „Medal of Honor Warfighter“ extra
eine neue Streitaxt entwickelt und verkauft diese ab
Spiel-Veröffentlichung.
Stephan Möhrle, Vorstandsmitglied des [5][Freiburger
„Rüstungs-Informations-Büros“] sieht für die Militärindustrie vor allem
einen Image-Gewinn: „Die Industrie hat natürlich ein Interesse daran, ihren
Namen zu präsentieren.“ Am Bekanntheitsgrad könne man auch den Wert eines
Unternehmens messen.
Den Spielern von „Medall of Honor Warfighter“ würden die dargestellten
Waffen als etwas ganz normales präsentiert: „Zudem werden die Waffen in
einem positiven Licht dargestellt weil damit im Spiel ja vermeintlich Gutes
getan wird. Das kommt der Rüstungsindustrie natürlich zugute“, so Möhrle,
der auch Fachreferent für Gewalt und neue Medien bei der
[6][Deutschen-Friedensgesellschaft in Baden-Württemberg] ist.
Ähnlich sieht der [7][US-Autor Roger Stahl] die Sache: „Die
Militärausrüster versuchen Interesse für ihre Produkte zu gewinnen um den
eigenen Absatz zu steigern und durch die erhöhte Popularität auch neue
Regierungsaufträge zu bekommen“, meint Stahl. Der Dozent für
Sprachkommunikation an der University of Georgia hat die Zusammenarbeit von
Militär und Medien in seinem 2010 erschienenen Buch „Militainment, Inc.:
War, Media, and Popular Culture“ ausführlich durchleuchtet.
Wie auch im Falle von „Medal of Honor Warfighter“ würden sich die
Videospiel-Hersteller mit den Kooperationen rühmen. Auf der „Medal of
Honor“-Website wird großspurig mit der „authentischen Action“, die das
Spiel biete, geworben. Für Roger Stahl ist dies aber nur die halbe
Wahrheit: „Auf der einen Seite sind Videospiele heute tatsächlich sehr
authentisch und sogar nahezu realistisch wenn es etwa um Grafik oder
Sound-Effekte geht.
## Krieg ohne Opfer
Auf der anderen Seite ist aber eine enorme Diskrepanz zwischen der
virtuellen Darstellung von Krieg und der Realität.“ So würden die negativen
Seiten militärischer Einsätze – überquellenden Krankenhäusern, Flüchtlin…
zerbrochene Familien, Hunger, zerstörte Volkswirtschaften, die Demütigung
der Besatzung, usw. – fast nie in Videospielen thematisiert.
Stahls Kritik an militärischen Videospielen geht aber noch weiter: „Jeder
Verweis auf Authentizität der Spiele führt zu einer Derealisierung von
Krieg.“ Das medial erzeugte, geschönte Bild militärischer Interventionen
dominiere heute die Sichtweise vieler Menschen: „Wir bekommen einen Krieg
ohne Opfer zu sehen.“
Die wirkliche Kriegs-Realität sehe grausam aus und sei für Menschen die
selbst keinen Krieg erlebt hätten kaum mehr zu fassen. Zwar gebe es auch in
heutigen Videospiele wie dem neuen „Medal of Honor“ Tod und Zerstörung.
Doch menschliches Leid werde davon entkoppelt und schlicht nicht
dargestellt: „In gewisser Weise ist Krieg heute sehr präsent, aber
gleichzeitig doch so fern.“
16 Oct 2012
## LINKS
[1] http://spielkultur.ea.de/
[2] http://www.medalofhonor.com/partners
[3] http://www.trijicon.com/
[4] http://www.youtube.com/watch?v=SkpZBtAa_sQ
[5] http://www.rib-ev.de/
[6] http://bawue.dfg-vk.de/
[7] http://rogerstahl.info/
## AUTOREN
Michael Schulze von Glaßer
## TAGS
Konsole
## ARTIKEL ZUM THEMA
Renzension Little Big Planet Karting: Säcke, die auf der Fahrbahn rempeln
Rasen, drängeln, schießen: die niedlichen Sackboy-Figuren aus der
Spielereihe „Little Big Planet“ geben jetzt Gas in ihrem eigenen
Kart-Spiel.
Neal Stephensons Buch „Error“: Der Nerd mit dem Röntgenblick
Lektionen in Goldfarming: Im dicht recherchierten Actionthriller „Error“
analysiert Neal Stephenson virtuos die Mechanismen der digitalen Welt.
Videospielmesse „E3“ in Los Angeles: Überlebenskampf der Konsolenspiele
Die größten Videospielhersteller der Welt präsentieren auf der Spielemesse
E3 in Los Angeles ihre Neuheiten. Der Hype um die Konsolenspiele könnte
bald vorüber sein.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.