| # taz.de -- Elbvertiefung gerichtlich gestoppt: Schonfrist für den Fluss | |
| > Bundesverwaltungsgericht untersagt Baggerarbeiten in der Unterelbe. | |
| > Umweltverbände Nabu und BUND erreichen im Eilverfahren einen vorläufigen | |
| > Baustopp. Das Vorhaben verzögert sich mindestens bis 2014 | |
| Bild: Ein Schiff wird kommen ... Doch reicht auch in Zukunft die Elbtiefe aus? | |
| HAMBURG taz | Wortkarg wie selten gab sich am Mittwoch die Hamburger | |
| Handelskammer: Nur „ein zeitlicher Rückschlag“ sei das Urteil aus Leipzig, | |
| dennoch müsse das Projekt „schnellstmöglich zum Abschluss“ gebracht werde… | |
| Die dürre Wortwahl zeugt von tiefer Betroffenheit – immerhin geht es um den | |
| Baustopp beim zurzeit größten Infrastrukturvorhaben Norddeutschlands, der | |
| Elbvertiefung. | |
| Am Vormittag hatte das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig den | |
| Planfeststellungsbeschluss für die Vertiefung der Fahrrinne zwischen | |
| Hamburg und der Nordsee auf Eis gelegt. Sämtliche Bauarbeiten wurden bis | |
| zur Hauptverhandlung untersagt. Die dürfte frühestens in eineinhalb Jahren | |
| stattfinden, und das mit ungewissem Ausgang. Vor Ende dieser Schonfrist, | |
| also frühestens 2014, wird nicht gebaggert. | |
| Damit gaben die Richter einem Eilantrag der Umweltverbände BUND und Nabu | |
| statt, die gegen den Planfeststellungsbeschluss der Wasser- und | |
| Schifffahrtsdirektion Nord (WSD) angegangen waren. „Hafenkooperation muss | |
| jetzt an die Stelle eines Subventionswettlaufs der Nordseehäfen treten“, | |
| kommentierte der Hamburger Nabu-Vorsitzende Alexander Porschke, und dass | |
| die Tiefe des Flusses „nicht ausschließlich an den Interessen der Reeder | |
| orientiert werden“ könne. „Wir erwarten jetzt entsprechende Initiativen der | |
| Verfechter der Elbvertiefung“, so BUND-Chef Manfred Braasch. | |
| Nach beider Ansicht verstößt die Elbvertiefung gegen europäische | |
| Vorschriften des Gewässer-, Gebiets- und Artenschutzrechts. Auch aus Sicht | |
| des Gerichts wirft die Klage „eine Vielzahl zum Teil schwieriger | |
| tatsächlicher und rechtlicher Fragen auf, die erst im Hauptsacheverfahren | |
| verlässlich geklärt werden können“. Es lasse sich „nicht mit der nötigen | |
| Sicherheit feststellen“, dass Eingriffe in die Natur durch Arbeiten „bei | |
| einer späteren Einstellung der Ausbauarbeiten ohne weiteres wieder | |
| umkehrbar seien“, erklären die Richter. Deshalb sei der Baustopp „aufgrund | |
| einer Interessenabwägung“ verhängt worden. | |
| Für die Befürworter der Elbvertiefung ist dies ein erneuter Rückschlag. | |
| Ursprünglich sollte bereits 2008 mit der Ausbaggerung begonnen werden – und | |
| diese schon längst abgeschlossen sein. Allerdings hat die Planungsbehörde, | |
| die dem Bundesverkehrsministerium unterstellte WSD, zwei fertige Konzepte | |
| wegen offenkundiger Mängel zurückziehen und überarbeiten müssen. Die | |
| vorliegende Planfeststellung ist bereits der dritte Entwurf – und hat das | |
| höchste deutsche Verwaltungsgericht augenscheinlich nicht zu überzeugen | |
| vermocht. | |
| Die Pläne gehen davon aus, dass künftige Mega-Containerfrachter den | |
| zweitgrößten Hafen Europas nahezu rund um die Uhr anlaufen können. | |
| Prognostiziert wird eine Umschlagsmenge von 25 Millionen Standardcontainern | |
| (TEU) im Jahr 2025. Die tatsächlichen Zahlen bieten dafür kaum eine Basis: | |
| In diesem Jahr dürfte Hamburg etwa 9,2 Millionen TEU umschlagen; vor der | |
| Weltwirtschaftskrise, im Rekordjahr 2007, waren es 9,9 Millionen TEU. | |
| Die nun behauptete Steigerung um mehr als 150 Prozent binnen zwölf Jahren | |
| wird nicht nur von Umweltverbänden bezweifelt. Sie bestreiten darüber | |
| hinaus den volkswirtschaftlichen Nutzen der Ausbaggerung und sehen | |
| erhebliche ökologische Nachteile für die Unterelbe. | |
| Erfreut auf den Baustopp reagierten die Grünen in Hamburg sowie in | |
| Niedersachsen und Schleswig-Holstein: Eine Hafenentwicklung müsse „im | |
| Einklang mit dem Naturschutz erfolgen“, sagte Hamburgs Fraktionschef Jens | |
| Kerstan. Enttäuscht bis entsetzt äußerten sich hingegen SPD, CDU und FDP in | |
| der Hansestadt. Dass es nur eine „vorläufige Entscheidung“ sei, unterstrich | |
| Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos). Immerhin habe „das Gericht die | |
| internationale Bedeutung der Fahrrinnenanpassung“ anerkannt. | |
| 17 Oct 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Sven-Michael Veit | |
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