# taz.de -- Initiativen verteidigen Neukölln: Anders als Buschkowsky erlaubt | |
> Mehrere Initiativen wehren sich gegen die Thesen des | |
> Neukölln-Bürgermeisters. Dieser verunglimpfe seinen Bezirk. | |
Bild: Was erlauben Buschkowsky?! | |
„Wir sind Neukölln“ – unter diesem Motto wollen MitarbeiterInnen der | |
Jugendhilfe das Image ihres Bezirks verteidigen. Am Freitag stellten sie | |
ihre Pläne vor. Hintergrund des Treffens ist das Buch „Neukölln ist | |
überall“, das Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) vor drei Wochen | |
veröffentlicht hat. Darin schreibt er über Gewalt, hohe MigrantInnenanteile | |
und zu Unrecht kassierte Sozialleistungen im Bezirk. | |
Diese Thesen stoßen den Initiativen, darunter der Paritätische | |
Wohlfahrtsverband und die Bürgerstiftung Neukölln, sauer auf. Zwar | |
bestreiten sie nicht, dass es die in Buschkowskys Buch genannten Probleme | |
gebe: „Wir sind keine ignoranten Gutmenschen, wir wollen nichts | |
schönreden“, sagte Deniz Eroglu, Leiter des Patenprojekts Neuköllner | |
Talente. Aber die Wirkung des Werks sei fatal, so der Tenor. | |
Barbara John, die Vorsitzende des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Berlin | |
und bis 2003 Ausländerbeauftragte des Senats, bezeichnete Buschkowskys Buch | |
als einen „Groschenroman über misslungene Integration“. Durch seine | |
Behauptungen werde das „Dickicht von Vorurteilen, das sich wie eine Glocke | |
über den Bezirk legt, immer dichter“, so John. Seine gestalterischen | |
Möglichkeiten als Bürgermeister hingegen schöpfe er nicht aus: „Er verlangt | |
zwar eine Kindergartenpflicht, schafft aber nicht mehr Kitaplätze“, | |
kritisiert John. Außerdem gehe er halbherzig und sorglos mit den freien | |
Trägern um, die sich in der Jugendhilfe engagieren. | |
„Das Buch führt zu einer psychologischen Belastung der Menschen, die durch | |
Migration und Flucht bereits vorbelastet sind“, erklärt Yüksel Gök, | |
Mitglied des Vereins Aufbruch Neukölln, der Sprachkurse und Lesungen in | |
Kindergärten organisiert. Denn das Bild, das Buschkowsky von den | |
BürgerInnen seines Bezirks zeichne, werde dadurch in den Augen vieler | |
Menschen erst Realität. | |
Das bestätigt Juliya Pankratyeva vom Gemeinschaftshaus Interkultureller | |
Treffpunkt, wo sich NeuköllnerInnen zu Koch- und Sportkursen treffen. | |
„Rechtsextreme Stimmen gegen unseren Treffpunkt gab es schon immer“, so | |
Pankratyeva. „Doch seit das Buch erschienen ist, höre ich diese viel lauter | |
als zuvor.“ | |
Asia Afaneh-Zureiki leitet das Projekt Juma – jung muslimisch, aktiv. Es | |
hat das Ziel, die Partizipation muslimischer Jugendlicher und den | |
interreligiösen Dialog zu fördern. Sie fragt sich, woher Buschkowsky das | |
Recht habe, SchwarzafrikanerInnen als drogenabhängig zu stigmatisieren, und | |
von türkischen Männern zu behaupten, diese säßen den ganzen Tag nur im | |
Café. „Durch diese Verallgemeinerungen degradiert er die Leistungen der | |
Heranwachsenden, die es zu etwas gebracht haben“, so Afaneh-Zureiki. Die | |
meisten TeilnehmerInnen am Projekt Juma hätten das Abitur mit der Note 1,0 | |
bis 1,2 abgeschlossen. „Aber Erfolgserlebnisse kommen im Buch nicht vor.“ | |
Daraus schließt Idil Efe vom Patenprojekt Neuköllner Talente, dass sich | |
Buschkowsky nicht ernsthaft für seine BürgerInnen interessiert. „Er macht | |
die Herkunft der Menschen für die sozialen und strukturellen Probleme des | |
Bezirks verantwortlich“, so Efe. | |
Buschkowsky weist genau das zurück. Es gebe zahlreiche Gründe für die | |
misslungene Integration. Man könne aber nicht leugnen, dass es | |
Parallelgesellschaften gebe, in denen Integration nicht stattgefunden habe, | |
sagte er auf taz-Anfrage. | |
27 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Julia Maria Amberger | |
Julia Amberger | |
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