# taz.de -- Tempelhofer Freiheit berechnet: Senat rechnet sich das Feld schön | |
> Würde das Tempelhofer Feld mit Wohnungen bebaut, profitierten alle, sagt | |
> eine Studie im Auftrag des Senats - ein Argument gegen das kommende | |
> Volksbegehren. | |
Bild: Noch rollen sie über freie Weite: Kinder auf dem Tempelhofer Feld. | |
Der Senat munitioniert sich für die Auseinandersetzung um das Tempelhofer | |
Feld. Eine Studie im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung | |
kommt zu dem Ergebnis, dass es für die Gesellschaft von Vorteil ist, den | |
Rand des Tempelhofer Feldes wie geplant zu bebauen – mit 4.600 Wohnungen | |
und Arbeitsplätzen für 8.620 Menschen. Wenn das Tempelhofer Feld | |
stattdessen eine Wiese bleibt, entstehen laut dem Gutachten | |
gesellschaftliche Kosten in Höhe von 298 Millionen Euro. Die | |
Bürgerinitiative „100 % Tempelhofer Feld“, die gerade ein Volksbegehren | |
gegen die Bebauung vorbereitet, wies das Ergebnis des Gutachtens zurück. | |
Die Studie ist noch nicht offiziell veröffentlicht, ein Mitglied der | |
Piratenpartei hat sie ins Netz gestellt. | |
Die Studie stammt von der Forschungs- und Beratungsgesellschaft Empirica. | |
Hauptautor ist Harald Simons, VWL-Professor in Leipzig. Die Studie geht von | |
der Annahme aus, dass Berlin weiter wächst und mehr Wohnungen und | |
Büroflächen braucht. Simons untersucht nun die beiden Alternativen, dass | |
die Gebäude entweder auf dem Tempelhofer Feld oder an anderen Stellen in | |
der Stadt entstehen. Es gebe aber in vergleichbar zentraler Lage nicht so | |
große Bauflächen. Die Gebäude würden daher hauptsächlich weiter draußen, | |
jenseits des S-Bahn-Rings entstehen – im Durchschnitt 8 Kilometer weiter | |
als das Tempelhofer Feld vom Zentrum entfernt. Die Schlussfolgerung: „Jeder | |
Bewohner, Beschäftigte oder Besucher in dezentraler Lage muss größere | |
Entfernungen zurücklegen, um dorthin zu kommen, wo er arbeitet, einkauft, | |
essen geht oder Freunde besucht.“ | |
Unter dem Strich entstehen so laut der Berechnung pro Jahr 40 Millionen | |
Kilometer zusätzliche Fahrten mit dem Auto und 46 Millionen Kilometer | |
zusätzliche Fahrten mit Bussen und U-Bahnen. Bedeutet: Mehr Unfälle (1,3 | |
Millionen Euro an Kosten pro Jahr), mehr Schadstoffe inklusive Folgen für | |
Bewohner, Gebäude und Umwelt (4,8 Millionen Euro), mehr Verkehrslärm (3,2 | |
Millionen Euro) und mehr Staus (1,6 Millionen Euro). Diese jährlichen | |
Kosten werden dann auf die nächsten 50 Jahre hochgerechnet. | |
Auch der Vorteil des Parks für die Anwohner wird berechnet: Jeder Besuch | |
entspricht angeblich einem Nutzen von 4,80 Euro. Durch die Verkleinerung | |
der Grünfläche entsteht angeblich ein Freizeitschaden von 64 Millionen | |
Euro. Unter dem Strich bleibe aber immer noch ein dickes Plus für die | |
Gesellschaft von 298 Millionen Euro. | |
Hermann Barges von der Bürgerinitiative „100 % Tempelhofer Feld“ hat die | |
Kostenschätzung schon erwartet – sie ist Voraussetzung dafür, mit dem | |
Sammeln von Unterschriften für das Volksbegehren zu beginnen. Inhaltlich | |
kann er die Studie nicht nachvollziehen, weil die Frage nach dem | |
Freizeitwert und der positiven Wirkung auf die Gesundheit auf die Besucher | |
viel zu kurz komme. Auch den Aspekt Fahrtwege kann er nicht nachvollziehen: | |
„Wie viel mehr Verkehr gibt es eigentlich, wenn die Berliner, die jetzt das | |
Feld nutzen, stattdessen nach Brandenburg rausfahren?“ | |
## ■ Die Studie im Netz: | |
27 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Sebastian Heiser | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Schillerkiez in Berlin | |
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