# taz.de -- Bayern Münchens erste Saisonpleite: Gruß aus dem Gestern | |
> Bayern Münchens Niederlage zeigt, dass sich seit Louis van Gaals Abgang | |
> nicht viel geändert hat. Ohne Robben und Ribéry fehlt die Inspiration. | |
Bild: Wetter schlecht, Spiel verloren. Ach Mann! | |
MÜNCHEN taz | Nach dem Spiel mussten die Leverkusener angestrengt über den | |
Oktober 1989 nachdenken. Viele Fragen zu einem historisch weniger | |
bedeutenden Monat in einem historisch bedeutenden Jahr wurden den jungen | |
Männern nach dem 2:1 in München gestellt. Einfache wie: Waren Sie damals | |
schon auf der Welt? Oder solche: Was hatte im Oktober 1989 noch Bestand? | |
Genau: die Mauer, Helmut Kohls Integrität. Nur eine Frage war den meisten | |
zu schwer: Wer war Marek Lesniak? Der Profi der ausgestorbenen Gattung | |
Stürmer-mit-Oberlippenbart war letzter Siegtorschütze von Bayer 04 | |
Leverkusen in München: im Oktober 1989. | |
Nun haben die Leverkusener in Sidney Sam einen neuen Siegtorschützen – und | |
die Münchner Startrekordserie hat im Schneetreiben ein abruptes Ende | |
gefunden. „Eine Niederlage, die nicht vorgesehen war“, sagte Trainer Jupp | |
Heynckes im Anschluss, so als würde der FC Bayern jetzt auch schon seine | |
Niederlagen selbst planen. | |
Dabei ist es nicht Heynckes, dem die Niederlage zuzuschreiben ist. Sie | |
gebührt Louis van Gaal. Ob sie den Kauz noch kennen würden, wurden die | |
Bayern-Profis nach dem Spiel nicht gefragt. Zu offensichtlich war, dass sie | |
sich noch immer an die Vorgaben des 2011 gefeuerten Niederländers hielten. | |
Die Bayern spielten Van-Gaal-Gedächtnisfußball: quälend lange | |
Ballstafetten, Bastian Schweinsteiger auf Toni Kroos auf Luiz Gustavo auf | |
Schweinsteiger. Irgendwann passten sie auf außen, zu David Alaba und Holger | |
Badstuber auf links oder auf Thomas Müller und Philipp Lahm auf rechts, es | |
folgte eine hohe oder flache Hereingabe und – kein Tor. | |
Immer wieder das gleiche Schema. Aber ohne Arjen Robben, ohne Franck Ribéry | |
fehlte die Inspiration. „Nicht flott genug“, nannte Heynckes diese Art des | |
Spiels. Er hätte es gern anders gesehen. Van Gaal hat den Bayern diese Art | |
des Ballhalten-und-Gegnerzermürben-Fußballs beigebracht – seine Nachfolger | |
versuchen es nun schon länger, den Spielern das wieder auszutreiben. | |
Der Sonntag bewies, wie weit Heynckes, Matthias Sammer und Co. von diesem | |
Unterfangen noch entfernt sind. Hätten die Leverkusener Spieler so | |
offensichtlich an Lesniak erinnern wollen wie die Bayern an van Gaal, sie | |
hätten alle mit Schnauzer auflaufen müssen. Doch die Rheinländer hielten | |
sich nicht im Gestern auf, sie setzten nach einem starken Konter über Simon | |
Rolfes und Andre Schürrle durch Stefan Kießlings 1:0 (42.) den ersten | |
Stich. | |
## Ecke. Oder Abstoß. Aber kein Tor | |
Nach der Pause kamen bei den Bayern dann neue Kreative: erst der Neue | |
Xerdan Shaqiri, anschließend auch noch der zuletzt wieder mal verletzte | |
Arjen Robben. Das Spiel lief nun, wie folgt: Shaqiri zog von links nach | |
innen, passte hinüber auf die rechte Seite. Dort nahmen Lahm und Robben den | |
Ball auf, umspielten locker den bemitleidenswerten Leverkusener Hajime | |
Hosogai, führten den Ball bis zur Grundlinie, dann kam der Pass, die | |
Flanke, der Lupfer in die Mitte. Und dann: Ecke. Oder Abstoß. Aber kein | |
Tor. Zumindest bis zur 77. Minute, in der Mario Mandzukic’ per Kopf | |
ausgleichen konnte. | |
Schnell schnappte sich der Torschütze den Ball, legte ihn auf den | |
Anstoßpunkt: Kommt, ihr Leverkusener – wir sind noch nicht fertig! Dabei | |
hätte Mandzukic ahnen müssen, dass diese eindimensionalen Bayern eher noch | |
ein Gegentor bekommen, als dass sie mit dieser Art des Spiels in den | |
wenigen verbleibenden Minuten noch einen Ball ins Tor tragen würden. | |
Und so flankte Gonzalo Castro einfach noch ein letztes Mal in den | |
Bayern-Strafraum, wo der kleine Sam den Ball Richtung Eckfahne köpfte. Zum | |
Glück für den Stürmer hielt auch Nationalverteidiger Boateng seinen Kopf | |
hin und lenkte den Ball ins Tor. Den Bayern wurden Grenzen aufgezeigt, die | |
in den vergangenen beiden Spielzeiten immer wieder die Dortmunder in ihren | |
Duellen mit den Münchnern offenbarten: Spielen Ribéry und Robben nicht mit, | |
oder schafft der Gegner es, sie zu neutralisieren, wissen die Bayern nichts | |
mit ihrem Ballbesitz anzufangen. Van Gaal lässt grüßen. | |
29 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Jürn Kruse | |
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