# taz.de -- Handel mit Raubkatzenskeletten: In Whiskey eingelegte Löwenknochen | |
> Der Handel boomt. Löwenknochen sind als Rohstoff für obskure Arzneien | |
> heiß begehrt. Anders als Elefanten und Nashörner haben Löwen aber keine | |
> Tierschutzlobby. | |
Bild: Die Haare schön: Punk-Löwen im Sanbona-Reservat in Südafrika. | |
KAPSTADT dpa | Nicht nur Nashorn und Elfenbein sind auf den asiatischen | |
Märkten von Quacksalbern und traditionellen Apothekern heiß begehrt. Auch | |
die Nachfrage nach Löwenknochen wächst. Bis zu 10.000 US-Dollar (7.600 | |
Euro) zahlen Kunden in Asien für ein Skelett des Königs der Tiere. | |
Apotheker preisen hier Pulver und Tabletten aus Löwenknochen als Heilmittel | |
für Krankheiten von Asthma bis zu Impotenz an. | |
Vor allem „Tigerwein“ ist populär. Da aber der Handel mit Tigerknochen | |
schon lange geächtet ist, werden nun stattdessen Löwenknochen in Whisky | |
eingelegt und als eine Art „Tigerwein“ verkauft. Tierschützer fürchten das | |
nun bald auch der Bestand an wilden Löwen in Afrika von etwa 20.000 | |
gefährdet sein könnte. | |
Denn im Gegensatz zu Nashörnern oder Elefanten gibt es kaum eine politische | |
Lobby, die Alarm schlägt. Es war ein Triumph für die Löwenzüchter und Jäger | |
in Südafrika, als Umweltministerin Edna Molewa im Mai ein Verbot des | |
Handels für Löwenknochen abschmetterte. Der Handel habe keinen „negativen | |
Einfluss auf das Überleben der Art in der Wildnis“, argumentierte die | |
Regierung in Pretoria. | |
In Südafrika gibt es etwa 2.000 wild lebende Löwen. Die für den Export | |
bestimmten Knochen seien lediglich ein „Abfallprodukt der in Gefangenschaft | |
gezüchteten Löwen“, betonte Molewa. 2009 wurden aus Südafrika 92 Gerippe | |
der Großkatze ausgeführt, ein Jahr später waren es schon 235. Obwohl noch | |
keine Daten vorliegen, befürchtet der Naturschutzverband WWF, dass seither | |
die Zahl weiter gestiegen ist. | |
## Die Lizenz zum Töten | |
Quelle der Skelette sind die legal erlegten Löwen in Wildparks. Jährlich | |
besuchen viele tausend Touristen diese privaten Gehege, um Tiere zu | |
beobachten und zu fotografieren. Aber für viel Geld gibt es auch die Lizenz | |
zum Töten: Bis zu 40.000 US-Dollar zahlen Großwildjäger aus aller Welt, um | |
hier einen Löwen abschießen zu dürfen. Dafür können sie dann ihre | |
Jagdtrophäen mit nach Hause nehmen und mit den Fellen oder Löwenköpfen ihre | |
Wohnzimmer und Bibliotheken schmücken. Die Knochen werden von den | |
Wildparkbesitzern verkauft. | |
Nirgendwo gibt es nach Auskunft von Chris Mercer von der Campaign Against | |
Canned Hunting mehr Löwenjagden als in Südafrika, es sei auch das einzige | |
Land, das Löwenknochen offiziell exportiere. Der Vorsitzende des | |
südafrikanischen Wildzuchtverbands, Pieter Potgieter, meinte, der | |
Knochenhandel der in Gehegen gezogenen Löwen nütze letztendlich dem Bestand | |
ihrer wild lebenden Artgenossen. Niemand müsse sich aufs gefährliche | |
Wildern einlassen, wenn man die Knochen ganz legal kaufen könne, so | |
Potgieter. | |
Die Tierschützer aber sind alarmiert. Drastisch formulierte es die Leiterin | |
einer Kampagne gegen den Handel mit Löwenknochen, die Kanadierin Emma | |
Ruby-Sachs: „Der Löwenknochenhandel bedeutet das Todesurteil für die wilden | |
Löwen Südafrikas“. Die Juristin der New Yorker Kampagnen-Organisation Avaaz | |
befürchtet, dass die Nachfrage aus Fernost schnell das Angebot von Knochen | |
legal geschossener Löwen übersteigen werde. Dann würden auch wilde Löwen | |
Opfer der Wilderer. | |
## Imageschaden für Touristenland | |
Avaaz startete eine Kampagne und forderte auf großen Plakaten etwa am | |
Flughafen in Johannesburg den Stopp des Löwenknochenhandels. Allerdings | |
wurden die Plakate bald entfernt, offenbar fürchtete der Flughafen einen | |
Imageschaden für das Touristenland Südafrika. | |
Auch der WWF-Artenschutzexperte Volker Homes sieht im Knochenhandel | |
lediglich ein Geschäft. Auch er befürchtet, dass der Handel die Jagd auf | |
wild lebende Löwen anheize. Die meist asiatische Kundschaft sei ohnehin | |
bereit, für Knochen wilder Löwen mehr zu zahlen, weil sie sich davon mehr | |
Wirksamkeit verspreche, betont Pieter Kat, Gründer der britischen | |
Löwenschutzorganisation Lion Aid. | |
Ein Problem der Tierschützer ist, dass sie sich nur auf Beobachtungen | |
stützen können. Zahlen über gewilderte Löwen gebe es kaum. Die Überreste | |
eines Löwen seien im Gegensatz zu denen tonnenschwerer Elefanten und | |
Nashörner einfach zu beseitigen, sagt Kat. | |
„Die Wilderer schneiden die Knochen aus dem Löwen und verscharren das | |
Fleisch oder lassen es liegen.“ Nur selten finde man die Überreste, | |
Aasfresser seien meist schneller. „Wir sehen seit 2010 vor allem in Laos | |
und Vietnam ein riesiges Angebot an Löwenknochen. Es sind viel mehr als | |
legal exportiert wird. Das legt die Vermutung nahe, dass es sich auch um | |
Knochen gewilderter Löwen handelt.“ | |
## Nachschub für Privatzoos | |
Doch es sind nicht nur Wilderer, die die Nachfrage aus Fernost stillen und | |
daran verdienen wollen. Auch die südafrikanischen Farmer sollen in illegale | |
Geschäfte verwickelt sein. So berichtete die südafrikanische Zeitschrift | |
Mail & Guardian, dass wilde Löwen und Löwenjungen von Schmugglern von | |
Botsuana nach Südafrika geschmuggelt würden. Die Tiere landeten in den | |
privaten Wildparks. | |
Dafür gibt es laut Kat zwei Gründe. Zum einen seien die Zuchtlöwen der | |
Farmer genetisch so verarmt, dass sie frisches Blut für ihre Zucht | |
brauchten. „Auf der anderen Seite, schießen Safari-Touristen die wilden | |
Löwen ab. Weil die Behörden nicht feststellen können, ob es sich um Knochen | |
eines wilden oder eines gezüchteten Löwen handelt, können die Farmer die | |
Knochen ganz legal exportieren.“ Der Gewinn für die Farmer sei jedoch bei | |
Knochen wilder Löwen viel höher. (dpa, Melissa Butland) | |
7 Nov 2012 | |
## TAGS | |
Löwen | |
Südafrika | |
Schmuggel | |
Safari | |
Elefanten | |
Nashörner | |
Illegaler Handel | |
Zoo | |
Nashorn | |
Elefanten | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Tierparks in NRW geht es schlecht: Kein Gratis-Eukalyptus mehr | |
Besucher bleiben aus, Sponsoren brechen weg: Die Zoos in NRW haben | |
Finanzprobleme. Ihren Unterhalt zahlen die ohnehin klammen Kommunen. | |
2012 töteten Wilderer 633 Nashörner: Schlachtfest in Südafrika | |
Die Zahl der gewilderten Nashörner in Südafrika ist im letzten Jahr weiter | |
angestiegen. In Asien werden dem Horn medizinische Wunderwirkungen | |
zugeschrieben. | |
Artenschutz in Kamerun: Jagd auf Wilderer | |
Illegale Elfenbeinjäger rüsten immer weiter auf. Kameruns Regierung will | |
jetzt 600 Soldaten abstellen, um Elefanten, aber auch Ranger zu beschützen. | |
Mafiöse Strukturen in Südafrika: Nashornjagd mit Nachtsichtgeräten | |
Der illegale Markt für südafrikanische Nashörner ist fest in der Hand | |
vietnamesischer Syndikate. Die Ranger sind völlig überfordert. Nie wurden | |
mehr Tiere erschossen. | |
Tierschutz in China: Spekulanten töten Elefanten | |
Die Nachfrage nach Elfenbein in China bedroht inzwischen auch den Bestand | |
in Afrika. Elefanten sind dabei nicht die einzige vom Konsumrausch bedrohte | |
Art. | |
Wilderei bedroht Südafrikas Rhinos: 50.000 Euro für ein Kilo Keratin | |
Nashörner im südlichen Afrika galten im 20. Jahrhundert fast als | |
ausgerottet. Mühsam wurde ein Bestand wieder aufgebaut. Doch die illegale | |
Jagd nimmt wieder zu. |