# taz.de -- Peruanische Küche: Scharf, aber rücksichtsvoll | |
> Die besten Restaurants Südamerikas sind in Lima, die Starköche auch. Und | |
> die Vielfalt ist groß. | |
Bild: Fisch gibt es in Lima in allen Variationen. | |
An den Garnelen und Muscheln liegt es nicht, dass Chefkoch Diego Alcántara | |
das Risotto de Mariscos nicht goutiert. Die Meerestiere hat er erst am | |
frühen Morgen vom Großmarkt geholt, die sind hervorragend. Aber das Risotto | |
schmeckt fad. | |
Zum dritten Mal schon hat Koch Roberto Grau seinem Chef ein Risotto | |
gekocht, sich genau an das Rezept des Meisterkochs Gastón Acurio gehalten | |
und dennoch: „Es fehlt was“, sagt Diego Alcántara, nachdem er ein, zwei | |
Gabeln voll Risotto in den Mund geschoben, das Essen darin gedreht und | |
gewendet hat und seine vollen Lippen einen Lufthauch zur | |
Geschmacksentwicklung eingesogen haben. „Es muss mehr nach Meerestieren | |
schmecken.“ Weniger lange kochen und weniger Salsa criolla empfiehlt | |
Alcántara. | |
Sechs Wochen haben Roberto Grau und seine 13 Kochkollegen im Restaurant | |
Bachiche noch, um Risotto, Saltimboca, Spaghetti Vongole so zu kochen, dass | |
die verwöhnten Gaumen der Limeños jauchzen. Denn in sechs Wochen eröffnet | |
das Bachiche, die bislang jüngste Restaurant-Erfindung des peruanischen | |
Kochs Gastón Acurio, der im Bachiche den Einfluss der italienischen | |
Einwanderer auf die peruanische Küche zeigen will. Und umgekehrt, denn die | |
peruanische Küche lebt von den Einflüssen seiner Einwanderer. | |
## Gutes Essen als Lebensaufgabe | |
Die Italiener brachten Parmesan, Mozzarella, luftgetrockneten Schinken, | |
Basilikum und die Raffinesse der schnellen Nudel mit. Die kurz vor ihnen zu | |
Mitte des 19. Jahrhunderts eingewanderten Chinesen haben Reis, Wantan, | |
Koriander und Wok-Gemüse im Gepäck gehabt. 300 Jahre zuvor waren die | |
Spanier mit sephardischen und arabischen Rezepten auf die reiche indigene | |
Küche der Inkas gestoßen und hatten sich gegenseitig zu kulinarischen | |
Meisterleistungen inspiriert, wie gefüllter scharfer Paprika oder Causa | |
limeña, einer raffinierten Schichtung aus Kartoffeln, Avocados, Chilli, | |
Limetten. | |
Schließlich kamen um 1900 die Japaner und zeigten den Peruanern, dass sie | |
Fisch auch roh essen können. Mit Limettensaft, der gelben peruanischen | |
Chilischote Ají und hauchfein geschnittenen roten Zwiebeln verwandelten sie | |
fortan rohen Fisch in Cebiche, das heutige Nationalgericht Perus. | |
Gastón Acurio hat den kulinarischen Reichtum seiner Heimat erkannt und zu | |
seiner Lebensaufgabe gemacht, die peruanische Gastronomie zu entwickeln und | |
weltweit bekannt zu machen. Im Jahr 1994 eröffnete er mit seiner deutschen | |
Frau Astrid Gutsche in Lima das Restaurant Astrid & Gastón, mit dem der | |
Boom der peruanischen Gastronomie und der cocina novoandina begann. | |
## Eine Kochschule für Jugendliche | |
Peru hat mittlerweile die besten Restaurants Südamerikas und eine ganze | |
Reihe Spitzenköche, deren Namen die Fusion der | |
indigen-asiatisch-europäischen Küche spiegeln wie Javier Wong, Pedro Miguel | |
Schiaffino, Toshiro Konishi und Rafael Osterling. Acurio gilt in der | |
internationalen Kochgilde neben dem Spanier Ferrán Adria als einer der zehn | |
einflussreichsten Köche. | |
Seine Kreativität erstreckt sich nicht mehr ausschließlich auf die Küche, | |
er hat ein Unternehmen mit Spitzenrestaurants und Bistros in Lateinamerika, | |
den USA und Spanien aufgebaut. Und er hat die Kochschule Pachacutec in | |
einem der ärmsten Stadtteile Limas gegründet. Jugendliche aus den staubigen | |
Hüttensiedlungen werden im Pachacutec zu Köchen ausgebildet, die dann | |
später zum Beispiel im Bachiche kochen. | |
„Früher träumten die Jungen davon, Fußballspieler zu werden – heute woll… | |
sie Koch werden“, sagt Diego Alcántara, der selbst mit 18 Jahren zu Acurio | |
kam und nach zehn Jahren im spanischen Baskenland nun mit 35 Jahren | |
Chefkoch in Lima ist. | |
Aus Peru stammen die Kartoffel, Avocado, Mais, Tomaten, Erdbeeren. Und das | |
peruanische Essen ist scharf, aber niemals zu scharf, damit die Nuancen der | |
unterschiedlichen Chiliarten, Limetten, von Koriander, Erdnüssen, | |
Süßkartoffeln auch zur Geltung kommen. „Reich zu essen ist Teil unseres | |
Lebens“, sagt Alcántara. „Gastón Acurio jedoch hat den Leuten den Stolz a… | |
das peruanische Essen gegeben.“ | |
10 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Fokken | |
Ulrike Fokken | |
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