# taz.de -- PROGNOSE: Berlin bekommt einen Bezirk dazu | |
> In zwölf Jahren wächst die Stadt um 250.000 Einwohner. Senatssprecher | |
> dementiert Streit über neue Liegenschaftspolitik. | |
Bild: Menschenmassen strömen nach Berlin: 2030 wird die Stadt 3,75 Millionen E… | |
„Berlin wird in Europa die lebenswerteste Stadt sein“: | |
Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) war am Dienstag sichtlich | |
begeistert von der jüngsten Studie zur Berliner Bevölkerungsentwicklung. | |
Demnach wächst die Stadt bis 2030 um rund eine Viertelmillion Menschen, | |
also etwa die Einwohnerzahl eines Bezirks, auf dann 3,75 Millionen – für | |
Müller „eine atemberaubende Entwicklung“. Knapper werdenden Wohnungen will | |
er mit Neubau und seinem Mietenbündnis begegnen. Und der neuen | |
Liegenschaftspolitik. Von der heißt es nun, sie sei nicht mehr umstritten | |
zwischen Müller und Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos). | |
Berlin hätte bereits in den 90er Jahren damaligen Voraussagen zufolge | |
dramatisch wachsen sollen. Manche Erwartungen gingen davon aus, dass sich | |
die Einwohnerzahl um mehr als die Hälfte erhöhen würde. Daran erinnerte | |
sich auch Müller am Dienstag. „Es waren waren nicht nur fünf Millionen | |
Einwohner, sondern auch alle Konzernzentralen und die Olympischen Spiele, | |
die wir bekommen sollten“, sagte der Senator. Daraus wurde bekannterweise | |
nichts, die Bevölkerungszahl stagnierte. | |
Die jetzige Prognose soll verlässlicher sein. Sie geht laut Müller auch | |
nicht von der bestmöglichen Entwicklung, sondern von einem Mittelwert aus. | |
Eine Bestmarke ist sie nicht: München erwartet laut Senatsverwaltung bis | |
2030 mit 15 Prozent ein mehr als doppelt so großes Wachstum. Der Berliner | |
Anstieg speist sich ausschließlich durch Zuzug von 275.000 Menschen, der | |
ausgleicht, dass es in den nächsten 18 Jahren 21.000 Todesfälle mehr als | |
Geburten geben soll. | |
In den einzelnen Bezirken verläuft die Entwicklung der Studie zufolge | |
höchst unterschiedlich. Während in Pankow die Bevölkerung um mehr als 16 | |
Prozent zunehmen wird (knapp ein Sechstel), sind es in Reinickendorf | |
weniger als 2 Prozent. | |
Die Industrie- und Handelskammer sieht durch die Studie „dringenden | |
Handlungsbedarf“. Die Zukunftspläne für Kitas, Schulen, Straßen und | |
öffentliche Verkehrsmittel würden auf der veralteten Annahme beruhen, dass | |
die Einwohnerzahl bis 2025 nahezu konstant bleibt. | |
Senator Müller mochte nicht bestreiten, dass bei einem schon jetzt | |
angespannten Wohnungsmarkt eine Viertelmillion mehr Menschen oder 150.000 | |
zusätzliche Haushalte ein Problem sind. „Da darf man nicht drum rumreden“, | |
sagte er. „Wir werden weiter steigende Mieten haben.“ Aber der Senat habe | |
ja begonnen, dämpfend auf die Mietentwicklung einzuwirken, setze auf | |
Neubau. Müller will dabei einen Mittelweg gehen: nicht jedem | |
Investorenwunsch folgen, aber auch mal ein Hochhaus genehmigen. | |
Zu den Maßnahmen für bezahlbaren Wohnraum gehört auch das neue | |
Liegenschaftskonzept, das der Senat Ende September vorgestellt hatte. Der | |
schon länger währende Streit über dieses Thema zwischen den Senatskollegen | |
Müller und Nußbaum ging aber weiter. Vergangene Woche kündigte der | |
Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) nach der Senatssitzung vor | |
Journalisten an, notfalls Chefgespräche zu führen – das ist in der | |
Landesregierung ungefähr so, als wenn ein Schüler beim Direktor antanzen | |
muss. Am Dienstag überraschte Senatssprecher Richard Meng nun mit der | |
Mitteilung: „Zu diesem Thema gibt es keinen Streit im Senat.“ | |
5 Dec 2012 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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könne sich das nur durch den Bau von mindestens 150.000 Wohnungen bis 2030. |