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# taz.de -- Üble Uraufführung: Kampf dem Mittelmaß
> Mit dem Stück "Männer Frauen Arbeit" behauptet das Hamburger
> Schauspielhaus das Recht des Theaters, im großen Stil danebenzuhauen.
Bild: Ein-Mann-Panzer trifft Erich Honecker: Das Stück "Männer Frauen Arbeit"…
HAMBURG taz | Manchmal muss es bitter sein, als Schauspieler auf der Bühne
zu stehen. Zum Beispiel, wenn ein Text verkauft werden soll, der sich nicht
verkaufen lässt, weil er zu schlecht ist. Oder wenn der Regisseur eine
Szene entwirft, die nicht funktioniert, weil sie ironisch sein soll, aber
nur peinlich ist.
Beides, der ungenießbare Text und die gescheiterte Inszenierung, kommt im
Stück „Männer Frauen Arbeit“ am Hamburger Schauspielhaus zusammen. Das
Stück hat der 32-jährige Autor Oliver Kluck im Auftrag des Schauspielhauses
geschrieben. Zur Uraufführung gebracht hat es der Regisseur Markus
Heinzelmann, der am Haus zuletzt den „Großen Gatsby“ inszenierte.
Das Stück „Männer Frauen Arbeit“ erzählt keine Geschichte und arbeitet
nicht mit Charakteren, stattdessen gibt es ein Sammelsurium von Texten, die
von Typen wie dem des Ministeriumsbeamten oder von parodierten Politikern
wie Erich Honecker oder Helmut Schmidt dargebracht werden. Die Texte drehen
sich um den Untergang der DDR und die Übernahme der Macht durch die
Besserwisser aus der BRD. Außerdem drehen sie sich um eine ramponierte
Beziehung und die unerfreuliche sexuelle Verfassung der machthabenden
Männer.
Vor einer Burgkulisse, die mal Klappbetten, mal Ein-Mann-Panzer
hervorbringt, versuchen die Schauspieler, den wild mäandernden Text in den
Griff zu kriegen. Als Anzugtäter mit Bad-Taste-Brillen reißen sie Kalauer
wie: „Warum wird die DDR Gebirgsrepublik genannt? Wegen der Engpässe.“ Als
Herren in Unterhosen erkennen sie: „Die Scheide der Frau ist von Frau zu
Frau verschieden.“ Um dann relative Weisheiten zu verbreiten wie: „Das Land
hat über uns entschieden, nicht umgekehrt.“
Hinzu kommt ein Kameramann, der den intellektuell verbrämten Klamauk
abfilmt. Wie im freien Theater der 1990er-Jahre steht eine Leinwand auf der
Bühne, die das Geschehen medial doppelt, wie im Staatstheater der
1990er-Jahre wird derbes sexuelles Vokabular auf der Bühne zelebriert um zu
schauen, ob das irgendwen berührt.
Weil aber die Mösen-Rhetorik unmotiviert im Raum steht, kann sie auf nichts
verweisen außer auf sich selbst. Und je länger das Deklamieren geht, je
mehr aus dem Ganzen eine Show mit Songeinlagen, nackter Haut und lustigen
Kostümen wird, desto mehr tun einem die Schauspieler leid, die ihre Köpfe
und Körper hinhalten müssen.
Vielleicht ist alles aber auch ganz anders. Vielleicht muss man Klucks
Stück begreifen als grandiose Attacke auf das Mittelmaß. Kluck und
Heinzelmann zeigen, dass das Theater (noch) ein Ort ist, an dem man im
großen Stil und mit viel Aufwand danebenhauen kann. „Männer Frauen Arbeit�…
ein Akt der Befreiung, auch für die Schauspieler, die ihre letzte Spielzeit
am Schauspielhaus spielen. Im Herbst 2013 werden sie nicht mehr da sein:
Dann tritt Karin Beier ihre Intendanz an und bringt ein neu
zusammengestelltes Ensemble mit.
Interessant ist nun die Frage, ob und wie lange „Männer Frauen Arbeit“ in
der aktuellen Spielzeit durchhält. Das Publikum wird das Stück mehrheitlich
nicht mögen. Und ein Befreiungsschlag vor leeren Rängen ist zwar ehrenvoll
– aber auch irgendwie fad.
12 Dec 2012
## AUTOREN
Klaus Irler
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