# taz.de -- PayPal-Chef über bargeldloses Shoppen: „Wir verwalten keine Schu… | |
> Weihnachtszeit ist Einkaufszeit. In den USA shoppen Millionen per | |
> Smartphone. Die Deutschen zögern da. Warum? PayPals Chef sollte es | |
> wissen. | |
Bild: „Die Sorge um Sicherheit ist des Deutschen größtes Problem“: PayPal… | |
sonntaz: Herr Keese, als deutscher Geschäftsführer von PayPal, dem Dienst, | |
der Bezahlungen in Onlineshops und per Smartphone-App abwickelt, werben Sie | |
für das bargeldlose Leben. Wann haben Sie zuletzt mit Bargeld bezahlt? | |
Arnulf Keese: Ich versuche alles online einzukaufen, was ich nur kann. Ich | |
mache das mehr und mehr über mein mobiles Gerät. Im extremsten Fall habe | |
ich einmal bei eBay eingekauft, als ich den Berliner Marathon gelaufen bin | |
– da hat man eine Menge Zeit. | |
Was haben Sie da denn gekauft? | |
Eine Speicherkarte. Kennen Sie dieses Gefühl, man will irgendwas kaufen und | |
kann gerade nicht? Oder man könnte gerade etwas kaufen, aber es fällt einem | |
nicht ein, was? Ich dachte in dem Moment: Mensch, du willst seit drei | |
Wochen eine Speicherkarte für deine Kamera kaufen. Mach es doch einfach | |
jetzt. | |
Es gibt zehn Millionen aktive PayPal-Nutzer in Deutschland. Muss man den | |
anderen 70 Millionen erst mal erklären, was PayPal ist? | |
Nicht jeder nutzt das Internet. Das tun etwa 50 Millionen Deutsche. Jeder | |
fünfte nutzt also PayPal. Das ist schon nicht schlecht. | |
Den anderen vieren muss man es aber noch erklären. | |
Man muss ihnen eher die Gelegenheit geben, PayPal einzusetzen. Die 75 | |
Prozent der Top-1.000-Onlinehändler, die das in Deutschland anbieten, | |
helfen sicher dabei, dass die Konsumenten PayPal vorfinden können. | |
Bei PayPal hinterlegt man seine Kreditkartendaten oder die des Bankkontos | |
und zahlt dann mit einem Klick auf Webseiten. Deutschland ist ein | |
Bargeldland – das härteste für PayPal? | |
Deutschland ist ein sehr besonderes Land, was die Zahlungslandschaft | |
angeht. Die Kreditkarte wird in wenigen Märkten weniger genutzt als hier. | |
Warum ist das so? | |
Das kann ich Ihnen nicht sagen. | |
Betreiben Sie bei PayPal nicht Sorgenforschung, um das herauszufinden? | |
Wir betreiben sehr viel Sorgenforschung, wir nennen das Fokusgruppen. Da | |
werden Menschen befragt. Die Deutschen haben Angst, ihre Kreditkartendaten | |
einfach im Internet einzugeben. Sie sind auch in der Offlinewelt oft ohne | |
Kreditkarte unterwegs. Die kennen sie, aber sie wird nicht so stark | |
eingesetzt wie in anderen Ländern. Es wird mehr auf die klassische EC-Karte | |
gesetzt. Die kann man aber nicht so gut in der Onlinewelt nutzen. | |
Nun haben Sie während der Vorweihnachtswochen in Berlin-Mitte einen | |
sogenannten Pop-up-Shop eingerichtet, der ein paar Möglichkeiten | |
demonstriert, wie man mit PayPal bezahlen kann. Soll das eine Art | |
Ausbildungscamp für die zögerlichen Deutschen sein? | |
Nein, das wäre der falsche Anspruch. Wir wollen niemanden erziehen. Unsere | |
Kunden sind mündig. Wir wollen einfach mal zeigen, was heute bereits und in | |
Zukunft alles möglich ist. | |
Was hält so viele Menschen in Deutschland davon ab, diese Möglichkeiten zu | |
nutzen? | |
Die Sorge um Sicherheit ist des Deutschen größtes Problem. Das stellen wir | |
in allen Umfragen fest. Paradoxerweise: Selbst wenn irgendwo in Japan ein | |
Server geknackt wird, geben Deutsche danach an, dass sie nicht mehr bereit | |
seien, jetzt im Netz ihre Kreditkarte zu nutzen oder eine andere | |
Zahlungsart. Die Deutschen sorgen sich viel um ihre Sicherheit, das ist gut | |
so, weil sie dadurch höher ist als in anderen Ländern. Deshalb wollen wir | |
in Deutschland auch mehr Sicherheit anbieten, als das in anderen Märkten | |
der Welt vielleicht notwendig wäre. | |
Ist die Sorge bei Apps, die Daten durch die Gegend verschicken, nicht | |
trotzdem sehr groß? | |
Da haben wir das Gegenteil festgestellt, weil die Konsumenten sich im | |
Internet bereits daran gewöhnt haben, dass es funktioniert mit dem | |
Bezahlen. Ich glaube, dass die Konsumenten PayPal im Mobilen mehr vertrauen | |
als anderen Zahlungsarten. Das hat auch damit zu tun, dass es komfortabler | |
ist. Geben Sie mal ihre 16-stellige Kreditkartennummer und das vierstellige | |
Ablaufdatum auf ihrem Smartphone ein. Ohne sich zu vertippen. | |
Was die deutsche Angst wieder ein wenig verstärken könnte: PayPal will | |
Konsumentendaten sammeln und für die Händler verwalten. | |
Nein, ehrlich gesagt: gar nicht. Wenn wir mit Kunden, die wir bei Händler A | |
gesammelt haben, irgendwas bei Händler B tun würden, wären wir in der | |
Sekunde aus dem Geschäft. Wir geben nicht mal die Zahlungsdaten des Kunden | |
an den Händler weiter. | |
PayPal plant doch, für Händlerin A Kundendaten zu verwalten. Sodass man in | |
die Boutique kommt und die Händlerin via PayPal-App weiß, welche Schuhgröße | |
der Herr hat. | |
Das stellen wir dem Händler nicht zur Verfügung. Im Ernst. Der Kunde müsste | |
dafür bei uns erst ein Profil anlegen. Wir tun das nicht. Wir wollen das | |
nicht. Wir könnten es auch gar nicht, weil die Schuhgröße nur Sie | |
persönlich kennen sollten und wissen, bei welchem Hersteller das welche | |
Größe ist. Wir verwalten keine Schuhgrößen von irgendwelchen Kunden. | |
In seiner Firmenzentrale in den USA zeigt PayPal aber ein Zukunftsszenario, | |
in dem genau das der Fall ist. Man kommt in den Laden und die Händlerin | |
weiß schon, welche Schuhgröße man hat, weil sich die App an vergangene | |
Einkäufe erinnert. | |
Okay, das gilt aber nur, wenn der Kunde bewusst erweitert: Ich möchte, dass | |
Händler von mir wissen dürfen, was meine Schuhgrößen sind und so weiter. | |
Nichts von dem, was Sie da gesehen haben, kann oder wird stattfinden ohne | |
das Einverständnis des Konsumenten. | |
Dann stimmen Sie mir im Grunde zu. PayPal verwaltet solche Daten. | |
Heute noch nicht. | |
Aber das ist das Ziel. | |
Wenn es vom Kunden als Mehrwert angenommen wird. Das ist ein | |
Riesenunterschied. Wir haben dort gezeigt, was möglich wäre. Wir sind uns | |
gerade in Deutschland bewusst, dass nicht jede Möglichkeit, mit Daten zu | |
arbeiten, vom Kunden akzeptiert wird. Und wenn es die Kundenakzeptanz nicht | |
gibt, wird es das in Deutschland nicht geben. | |
Hilft es, die Ängste abzubauen, wenn man den sorgenvollen Deutschen genau | |
erklärt, wo ihre Zahlungsdaten lagern? | |
Ob ihre Daten in Hamburg oder München liegen, macht keinen großen | |
Unterschied. Ob sie in Hamburg sicher liegen oder in München unsicher, | |
dagegen schon. Die Daten liegen in unseren Rechenzentren, die betreiben wir | |
global. Davon haben wir zwei Stück, die befinden sich in den USA. Wichtig | |
ist aber nicht der physische Speicherort, sondern die Sicherheit, mit der | |
die Daten dort geschützt sind. Und das ist ein System, das bisher nicht mal | |
ansatzweise geknackt worden ist – trotz sicherlich zahlreicher Versuche. | |
Das wird auch so bleiben. | |
Gerade hat PayPal in den USA den Tag mit den meisten mobilen Einkäufen | |
aller Zeiten verzeichnet. Ist in Deutschland annähernd mit so einer | |
Entwicklung zu rechnen in diesem Jahr? | |
Bei uns gibt es keine so deutliche Spitze vor Weihnachten an einem | |
bestimmten Tag. Bei uns geht die Kurve in der Adventszeit stabil hoch. Und | |
kurz vor Weihnachten flacht sie wieder ab. Die Determinante in Deutschland | |
ist die Lieferzeit. Das wird bis zum Freitag vor Weihnachten gehen. Ab dann | |
haben die Kunden Angst, dass die Geschenke nicht mehr ankommen. | |
Werden die Leute in Deutschland jemals ganz selbstverständlich mit dem | |
Smartphone in den Laden spazieren und einfach damit bezahlen, wie es etwa | |
in den USA schon viele tun? | |
Das haben wir doch heute schon. Die Veränderung kam, als der Konsument auf | |
einmal mit dem Handy ins Internet konnte. Daran hat er sich jetzt gewöhnt. | |
Um noch mal die Anfangsfrage aufzunehmen: Sie benutzen gelegentlich noch | |
Bargeld. | |
Ja leider, wenn ich muss. Im Taxi etwa geht es meist nicht anders. Anfang | |
der Woche habe ich eine Parkuhr befüllt. Das ging wirklich nur mit Münzen. | |
Dafür habe ich so ein kleines Münzfach im Auto. Die Parkuhren sind immer | |
noch sehr beharrlich, zumindest hier in Deutschland. In den USA habe ich | |
die auch schon mit Kreditkarte bezahlt. | |
16 Dec 2012 | |
## AUTOREN | |
Johannes Gernert | |
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