# taz.de -- Vergewaltigung in Indien: „Hängt diese Monster auf!“ | |
> Fünf Männer sind wegen der Vergewaltigung in Delhi wegen sexuellen | |
> Missbrauchs und Mord angeklagt worden. Doch kein Anwalt will sie | |
> verteidigen. | |
Bild: Demonstrantinnen in Mumbai mit einer kompromisslosen Forderung. | |
NEU DELHI taz | Indiens Ermittlungsbehörden waren schnell: Zweieinhalb | |
Wochen nach der brutalen Vergewaltigung einer Studentin in einem Bus von | |
Delhi haben sie am Donnerstag ihre Anklageschrift bei einem Amtsgericht im | |
Süden der Metropole eingereicht. Die sechs mutmaßlichen Täter werden darin | |
für den Tod der 23-Jährigen verantwortlich gemacht. Mindestens fünf von | |
ihnen droht die Todesstrafe. Bei dem sechsten – einem Teenager – wird noch | |
geprüft, ob das Jugendstrafrecht zur Anwendung kommen muss. Die | |
Klageschrift umfasst 1.000 Seiten. Der Richter legte den 5. Januar als | |
Termin für die nächste Anhörung fest. | |
Das Verfahren dürfte dann an ein eigens berufenes Schnellgericht verwiesen | |
werden. Solche Sondergerichte können bei besonders schweren Verbrechen | |
geschaffen werden. Diese Möglichkeit wurde in der Vergangenheit allerdings | |
selten genutzt. Die indische Justiz gilt als hoffnungslos überlastet. Oft | |
vergehen Jahre, bis ein Verfahren überhaupt eröffnet wird. Nach | |
Medienberichten sind vor den Gerichten des Landes rund 30 Millionen Fälle | |
anhängig. | |
Die Vergewaltigung der jungen Frau am 16. Dezember hatte jedoch einen Sturm | |
der Entrüstung ausgelöst, sodass sich Politik und Justiz zum schnellen | |
Handeln gezwungen sahen. Indiens oberster Richter gab am späten | |
Mittwochabend persönlich die Erlaubnis für das Sondergericht. Es sei an der | |
Zeit, ein deutliches Zeichen für den Umgang mit „so abscheulichen“ | |
Gewalttaten zu setzen, sagte Altamas Kabir in Neu-Delhi. Die Justiz müsse | |
Verbrechen gegen Frauen in Zukunft „größtmögliche Aufmerksamkeit“ widmen. | |
Insgesamt rufen die Ermittler in ihrer Anklage 30 Zeugen auf. Besonders | |
schwer wiegen dürfte die Aussage der vergewaltigten Frau, die kurz nach der | |
Tat im Krankenhaus vernommen worden war. Anschließend hatte sich ihr | |
Gesundheitszustand rapide verschlechtert, sie starb kurz vor dem | |
Jahreswechsel in einer Spezialklinik in Singapur an ihren schweren | |
Verletzungen. | |
## Angst vor Racheakten | |
Als Hauptbelastungszeuge gilt seitdem ihr Begleiter. Der junge Mann war am | |
Tatabend gemeinsam mit ihr in den Bus gestiegen, in dem außer dem Fahrer | |
und seinen fünf Kumpanen keine Passagiere saßen. Die Männer verprügelten | |
ihn mit einer Eisenstange und zwangen ihn mitanzusehen, wie sie die | |
Studentin vergewaltigten und grausam misshandelten. Dann warfen sie ihre | |
Opfer aus dem Bus. | |
Unter Juristen ist nun eine heftige Debatte über die Verteidigung der | |
Angeklagten vor Gericht entbrannt: Mehrere Anwaltskammern in Neu-Delhi | |
haben ihre Mitglieder dazu aufgerufen, die sechs Männer nicht zu vertreten. | |
„Wir haben die Sachlage besprochen und entschieden, dass ihnen kein | |
Rechtsanwalt aus der Hauptstadt zur Seite stehen wird“, erklärte Rajiv | |
Khosla von der Delhi Bar Association in der Zeitung Hindustan Times. Viele | |
Anwälte wollten lieber die Anklage unterstützen. | |
Widerspruch kam von Richtern und Rechtsexperten. „Wenn ein Beschuldigter | |
nicht die Möglichkeit hat, sich zu verteidigen, könnte das Verfahren im | |
Nachhinein für ungültig erklärt werden“, sagte der ehemalige Richter am | |
obersten Gericht, R. S. Sodhi, dem Blatt. „Laut Verfassung hat jeder | |
Angeklagte das Recht, verteidigt zu werden“, ergänzte Verfassungsrechtler | |
Subhash Kashyap. Wenn sich kein Anwalt finde, müsse das Gericht einen | |
Pflichtverteidiger bestimmen. Ein Grund für den Boykottaufruf der Delhier | |
Anwaltskammern könnte die Angst vor Racheakten wütender Bürger sein. | |
Im Zentrum der Hauptstadt demonstrierten am Donnerstag erneut zahlreiche | |
Menschen für mehr Sicherheit für Frauen und für schärfere Gesetze. | |
Gleichzeitig forderten die vorwiegend jungen Leute die Todesstrafe für die | |
sechs Angeklagten: „Wir wollen Gerechtigkeit und werden nicht eher ruhen, | |
bis wir sie bekommen“, sagte eine Teilnehmerin. | |
3 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Stefan Mentschel | |
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