# taz.de -- Kinskis Missbrauch bei „Beckmann“: Sorry, kein Happy End | |
> Bei „Beckmann“ sprechen Pola Kinski und Christian Pfeiffer über | |
> Missbrauch und die Vertuschung der Kirche. Ins Sendungsformat passt das | |
> nicht. | |
Bild: Die Talkrunde bei „Beckmann“ zum Thema „Sexueller Missbrauch“ in … | |
BERLIN taz | Für ihre Mutter hat Pola Kinski klare Worte: „Sie verhöhnt | |
mich“, sagt sie am Donnerstagabend in der Talksendung „Beckmann“. Die | |
Tochter des Schauspielers Klaus Kinski hatte vergangene Woche in einem Buch | |
öffentlich gemacht, dass ihr Vater sie jahrelang sexuell missbrauchte – und | |
die Mutter die Alarmzeichen des Kindes ignorierte. | |
Wie sehr, das zeigt nun ein Interview der Mutter mit der Bunten: „Nie im | |
Leben wäre ich auf die Idee gekommen, dass Klaus dem Kind so etwas antun | |
würde. Sie hat uns nie ein Wort davon erzählt,“ sagt Gislint B. „Ich habe | |
meine Tochter stets geliebt,“ fügt sie hinzu. | |
Die Version von Pola Kinski ist eine völlig andere: In der zweiten Familie | |
ihrer Mutter sei sie nur als Störfaktor betrachtet worden. „Es war nicht | |
mal ein Platz für mich am Esstisch da. Ich habe an einem Brett über dem | |
Mülleimer gegessen“. | |
Darauf führt sie zurück, dass sie so empfänglich für die vergifteten | |
Gunstbeweise des Vaters gewesen sei: „Er hat mir das Gefühl gegeben: es ist | |
wunderbar, dass Du auf der Welt bist“. Den Missbrauch habe sie als nötiges | |
Übel ertragen, erklärt sie, mit dem entsetzlichen Satz: „Das ist weniger | |
schlimm als unsichtbar und störend zu sein.“ | |
## Verstört nach Vaterbesuch | |
Ihrer Mutter habe sie sich mit 19 anvertraut. Die habe nur gemeint, dass | |
sie sich so etwas schon gedacht habe, so verstört sei das Kind von Besuchen | |
beim Vater zurückgekehrt. Dass sie nun angebe, sie habe nichts gewusst, | |
empfindet Pola Kinski als Hohn. | |
Die Sendung war vollgeladen mit Missbrauchsgeschichten: Andreas Huckele | |
sass da, der als erster den Missbrauch an der Odenwaldschule öffentlich | |
gemacht hatte, Ursula Enders von der Beratungsstelle Zartbitter, und – als | |
sei das nicht genug – dazu noch die Kontrahenten des aktuellen Streits | |
darum, ob die katholische Kirche die Missbrauchsforschung habe zensieren | |
wollen, die der Chef des Kriminologischen Forschungsinstituts | |
Niedersachsen, Christian Pfeiffer, es seinem Verhandlungspartner Hans | |
Langendörfer, dem Sekretär der Bischofskonferenz in der Sendung erneut | |
vorwarf. | |
Die Sachlage war nicht zu klären – aber Langendörfers Verteidigung war so | |
ausweichend, dass man den Eindruck gewann, an Pfeiffers Version sei einiges | |
dran. | |
## Ungeheuerlichkeiten und Sprachlosigkeit | |
Die Sendung lief rund, die Einsätze stimmten, alle füllten ihre Rollen aus | |
– und genau deshalb bleibt ein merkwürdiges Gefühl zurück. Denn die | |
Ungeheuerlichkeiten, die Huckele und Kinski berichteten, die | |
Sprachlosigkeit, die Abspaltungen, ihre jahrelangen Angstattacken, die | |
Ausflüchte der Täter und die Ignoranz der anderen Erwachsenen – das alles | |
ist von einer Ungeheuerlichkeit, die kaum erahnbar ist, wenn sie einem in | |
diese geschmeidigen Dramaturgie vorgetragen wird. | |
Und wenn sie dazu noch mit dem Kirchenkonflikt zusammengepresst werden, hat | |
man den Eindruck, dass die Redaktion die Sendung lieber mit Konflikten | |
zugestellthat, als dass sie bei den einzelnen Themen in Tiefen vordringen, | |
die schwer auszuhalten sind. Es sind einzelne Sätze, die hängen bleiben: | |
„Ich habe das gebraucht“, sagt Kinski über die „Zuwendung“ ihres Vater… | |
Huckele erklärt, wie der Körper nach einem Trauma „unter Strom“ stehe, �… | |
hätte man immer zehn Kannen Kaffee getrunken“, und da versteht man, warum | |
so viele Opfer sich mit Alkohol zu beruhigen suchen. | |
Wie wenig das Talkshowformat und Missbrauchserfahrungen zusammen passen | |
zeigt sich, als Onkel Beckmann Kinski am Schluss mit Hoffnung auf ein Happy | |
End fragt, ob es ihr denn nun schon besser gehe. Die Antwort: „Als Opfer | |
von Missbrauch hat man lebenslänglich“. | |
18 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Heide Oestreich | |
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