Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Sicherheitsmängel bei der Bahn: „Zugdiebin“ ist wohl Opfer
> In Stockholm stiehlt eine Putzfrau einen Zug und rast damit in ein
> Wohnhaus? Offenbar nicht: Die Putzfrau scheint selbst das Opfer gewesen
> zu sein.
Bild: Geisterfahrt in ein Haus: Das Zugunglück in Schweden passierte offenbar …
STOCKHOLM taz | Geschichte und Bilder gingen um die Welt. Und auch die taz
verbreitete eine entsprechende dpa-Meldung: In Stockholm stiehlt eine
Putzfrau einen Zug und rast damit in ein Wohnhaus. Doch mittlerweile sieht
es so aus, als wäre die „Zugdiebin“ gar keine gewesen. Vielmehr scheint sie
das – schwer verletzte – Opfer von Sicherheitsmängeln beim Bahnbetreiber
Arriva, einer Tochter der Deutschen Bahn, zu sein.
Ein Arriva-Sprecher war es, der am Morgen nach dem Unfall zusammen mit
einer Sprecherin der Stockholmer Nahverkehrsgesellschaft SL die Geschichte
von der Putzfrau, die den Zug aus dem Depot gestohlen habe, in die Welt
setzte. Völlig unvorstellbar sei ein Versehen und damit ein anderer
Hergang. Was nicht stimmte.
Es steckte ein Schlüssel im Schloss, und damit war der Weg für eine
Geisterfahrt frei. Im Winter ist es im Bahndepot offenbar Routine, alle
Bremsen zu lösen und in dieser gelösten Stellung zu fixieren, um ein
Festfrieren und damit eine Verzögerung der morgendlichen Betriebsaufnahme
zu vermeiden. Gleichzeitig waren für den Zug die Weichen zur ersten
Morgentour schon gestellt. Die Betriebszentrale ist aus Kostengründen
einige Nachtstunden nicht besetzt. Weshalb sie auch nicht den Fahrstrom
abstellen und damit die Geisterfahrt stoppen konnte.
Es genügte, dass die erst seit Kurzem beschäftigte Putzfrau den Fahrersitz
nach vorn klappte. Dessen Lehne schiebt mit dieser Bewegung nämlich den
Fahrthebel auf „Betrieb“. Ein merkwürdiges Designdetail dieser
jahrzehntealten U-Bahn-Züge, auf das mit dem Modell vertraute Zugführer
sofort nach dem Unfall verwiesen. Sie verwiesen auch darauf, dass die
Notbremsen in diesen Zügen in den Fahrgastbereichen deaktiviert seien und
nur vom Fahrerstand aus bedient werden können. Eine mit der Technik nicht
vertraute Person hatte damit kaum eine Chance, den einmal in Fahrt
befindlichen Zug zu stoppen.
Wollten Arriva und SL von diesen unzureichenden Sicherheitsvorkehrungen
ablenken, als sie sogleich die „Zugdiebin“ erfanden? Oder waren die
Medienverantwortlichen nur selbst nicht informiert? Am Freitag bedauerten
beide ihre voreilige Festlegung. Arriva hat alle Veranlassung, sich „in
Grund und Boden zu schämen“, kritisiert Johnny Nadérus von der Gewerkschaft
Seko.
Fragen müssen sich auch Medien und Agenturen stellen lassen, die die
Arriva/SL-Darstellung so unkritisch einfach übernahmen und eine womöglich
unschuldige Angestellte aufgrund bloßer Verdächtigungen seitens der für die
Sicherheit Verantwortlichen zur Kriminellen erklärten.
18 Jan 2013
## AUTOREN
Reinhard Wolff
## TAGS
Deutsche Bahn
Stockholm
Putzfrau
Zugunglück
Sicherheitsmängel
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.