| # taz.de -- Deutsch-französische Freundschaft: Alte Reden in neuem Rhythmus | |
| > „Élysée 63 – Die Show“ beschließt die Themenwoche bei Arte – und l… | |
| > einen schlicht vergessen, dass man hier eigentlich alte Ausgrabungen | |
| > sieht. | |
| Bild: Entwickelte eine multimediale Show auf der Grundlage der Rede von Charles… | |
| Die Botschaften von „Élysée 63 – Die Show“ sind alt: Gegen Kapitalismus… | |
| für den Weltfrieden. Für Solidarität und für eine europäische Idee, und das | |
| alles als Appell an die Jugend formuliert. | |
| Die theoretischen Versatzstücke, aus denen die Saarbrückener Künstlergruppe | |
| „Die Redner“ die Botschaften ihrer Fernsehperformance anlässlich des 50. | |
| Jahrestags des Élysée-Vertrags (deutsch-französischer Freundschaftsvertrag) | |
| zusammengefügt hat, sind ebenfalls bekannt: Karl Marx über das Kapital. | |
| Sartre über Gewalt. Charles de Gaulle über die Verantwortung der Jugend. | |
| Und der ehemalige französische Widerstandskämpfer und Kapitalismuskritiker | |
| Stéphane Hessel („Empört euch!“) weiß zu allem etwas. | |
| Es hätten also durchaus 52 quälende Performance-Minuten werden können. | |
| Wurden es aber nicht. Sondern eine schnipselig-schnell geschnittene Collage | |
| aus Livemusik, historischem Filmmaterial, Schauspiel und animierten | |
| Cartoons, die einen schlicht vergessen lässt, dass man hier eigentlich alte | |
| Ausgrabungen sieht – weil man sie zum Glück ziemlich kunstvoll neu verpackt | |
| hat. | |
| Die drei „Redner“ Oliver Strauch, Florian Penner und Class Willeke | |
| schachteln die deutsch-französische Vergangenheit (Erbfeindschaft, | |
| Élysée-Vertrag), unser Jetzt („Wir haben etwas verloren, mon général, eine | |
| Idee zu diesem Kontinent“) und die Vision einer europäischen Zukunft | |
| (düster) so ineinander, dass Alt und Neu relativ werden. Fast wirkt es, als | |
| würde de Gaulle seine Rede an die deutsche Jugend in der alten | |
| Videoaufnahme von 1962 dem Rhythmus der drei Musiker auf der Studiobühne | |
| anpassen. | |
| ## Superman, Jesus und James Dean | |
| Sie zerfällt in Klang und Rhythmus, man hört einzelnen Wortfetzen nach und | |
| schaut, was die Grafiker in den kurzen Cartoonstrecken zu diesen | |
| Bruchstücken („Kollektiv“, „Lei-den-schaft-lich-keit“, „Organisation… | |
| assoziiert haben. Am Ende drehen sich Superman, Jesus und James Dean auf | |
| einer Weltkugel. Was das soll? Keine Ahnung, ist aber unterhaltsam. | |
| Der Blick in die Zukunft Europas – genau: 2063 – gelingt weniger gut. | |
| Performances balancieren ja manchmal auf einem sehr schmalen Grat zwischen | |
| inspiriert und übertrieben bedeutungsschwanger. Hier ist „Élysée 63“ lei… | |
| nur Letzteres. Eine junge Frau (Anne Hoffmann) irrt im roten Kleid und zu | |
| ätherischer Popmusik durch einen Wald, hinter ihr hetzen Wölfe. Die Frau | |
| entkommt, die Wölfe fressen schließlich ein blutiges Bündel Geldscheine. | |
| Eine überkandidelte und plumpe Illustration von „Raubtierkapitalismus.“ | |
| ## Bibel, Nietzsche und Sartre | |
| Die zweite Hälfte der „Show“ ist dann vor allem eine Zitat- und | |
| Diskursschlacht, für die man eigentlich ein wenig wacher sein muss, als es | |
| der späte Sendeplatz auf Arte den meisten wohl erlaubt: die Bibel („Warum | |
| haben wir die Händler aus dem Tempel nicht vertrieben?“), natürlich | |
| Nietzsche („Gott ist tot!“) und Sartres Argumentation gegen – und damit | |
| auch für – Gewalt: Gewalt erzeugt Gegengewalt und ist zugleich das einzige | |
| Mittel, sie enden zu lassen. Dagegen wird Hessel in Position gebracht: | |
| „Gegen die Gier des Weltkapitalismus – dagegen müssen wir jetzt kämpfen. | |
| Nicht mit Waffen, sondern mit Manifesten“, sagt der 95-Jährige. | |
| Alles schon mal gehört, alles schon mal gedacht worden? Ja. Und genau das | |
| ist der Punkt, den die „Redner“ machen. Dass die, die heute jung sind, | |
| nicht vergessen: Jetzt sind sie an der Reihe, dem schon mal Gedachten immer | |
| wieder neues Leben einzuhauchen. Gerne auch mit einer Performance. | |
| ## „Élysée 63 – Die Show“ (Di., 23.10 Uhr) bildet den Schlusspunkt des | |
| einwöchigen Arte-Sonderprogramms „50 Jahre Deutsch-Französische | |
| Freundschaft“ | |
| 22 Jan 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Anna Klöpper | |
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