# taz.de -- In Mexiko inhaftierte Französin: Justizdrama mit Happy End | |
> Ein Französin, die wegen Entführungen sieben Jahre in Mexiko in Haft war, | |
> ist wieder frei. Vor ihrer Verurteilung wurden offenbar Medien und Justiz | |
> manipuliert. | |
Bild: Ein Küsschen zur Begrüßung: Florence Cassez und ihre Mutter Charlotte … | |
PARIS taz | Die Französin Florence Cassez ist gestern Nachmittag aus Mexiko | |
auf dem Flugplatz Paris-Roissy eingetroffen. Dort wartet, neben ihren | |
Eltern und Außenminister Laurent Fabius, ein großes Empfangskomitee auf | |
sie. Selten hatte es eine Französin eiliger, aus Mexiko City nach Paris zu | |
fliegen. Sieben Jahre hatte die heute 38-Jährige aus Dunkerque in einem | |
mexikanischen Gefängnis auf diesen Tag gewartet. Seit ihrer Festnahme 2005 | |
hatte sie immer ihre Unschuld beteuert. | |
Nicht nur ihre Eltern und Freunde hatten ihr geglaubt, sondern auch die | |
Öffentlichkeit in Frankreich. Staatspräsident Nicolas Sarkozy und seine | |
Gattin Carla Bruni hatten sich ebenfalls für Cassez verwendet und dafür | |
sogar diplomatische Verstimmungen in Kauf genommen. Diese hatten 2011 einen | |
Höhepunkt, als das Mexiko-Kulturjahr in Frankreich abgesagt wurde. „Sarkozy | |
hat mir das Leben gerettet“, sagte Cassez, die auch Präsident François | |
Hollande für seine Unterstützung dankte. | |
Am Mittwochabend hatte der oberste Gerichtshof in Mexiko City bestätigt, | |
dass bei ihrer Festnahme und Verurteilung ihre elementaren Rechte nicht | |
respektiert worden seien. Mit einer knappem Mehrheit von drei gegen zwei | |
Stimmen hat die höchsten Instanz in einer öffentlichen Beratung die | |
sofortige Freilassung der Französin angeordnet. Ihre Verurteilung zu 90 und | |
später zu 60 Jahren wegen ihrer angeblichen Rolle in einer angeblich von | |
ihrem Exfreund Israel Vallarta geleiteten Kidnapperbande wurde somit | |
annulliert. | |
## Hexenprozess auf staatlichen Druck | |
Was die mexikanischen Fernsehzuschauer damals als Direktübertragung der | |
Verhaftung einer Komplizin gefährlicher Kidnapper zu sehen bekamen, war in | |
Wirklichkeit eine nachträgliche Inszenierung. Das hatte der mexikanische | |
Moderator Carlos Loret de Mola der Sendung „Noticieros Televisa“ erst vor | |
wenigen Tagen öffentlich eingestanden und bedauert. Auf die Manipulation in | |
den Medien, die der „diabolischen“ rothaarigen Französin einen Hexenprozess | |
machten, folgte unter dem Druck der damaligen Staatsführung eine | |
Manipulation der Justiz. | |
Florence Cassez sagte bei ihrer Ankunft, sie betrachte sich durch dieses | |
Urteil rehabilitiert. Da es keinen Revisionsprozess geben soll, bleibt in | |
Mexiko für viele offen, ob Cassez nicht doch an den ihr angelasteten | |
Entführungen beteiligt war oder wenigstens davon wusste. | |
Angehörige von Entführungsopfern protestierten lautstark gegen diesen | |
Beschluss. Dieser war erst nach einem Wechsel an der Spitze Mexikos möglich | |
geworden. Im Unterschied zu seinem Vorgänger Felipe Calderon, der eine | |
Begnadigung ausgeschlossen hatte, widersetzte sich Enrique Peña Nieto einer | |
Revision nicht. | |
Der französische Staatspräsident François Hollande und seine Partnerin | |
Valérie Trierweiler empfangen Cassez mit ihren Angehörigen am Freitag im | |
Élysée-Palast. Florence Cassez kündigte an, sie werde vielleicht eines Tage | |
nach Mexiko zurückkehren und ein Buch über ihre Erfahrung schreiben: „Ich | |
habe nichts zu verbergen, ich habe nichts verbrochen.“ | |
24 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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