# taz.de -- Moderator Hugo Egon Balder: „Fernsehen versaut. Radio nicht“ | |
> Hugo Egon Balder moderiert als „Radiolegende“ bei „Radio Eins“. Ein | |
> Gespräch über die Öffentlich-Rechtlichen, äußerliche Konventionen und | |
> Startum. | |
Bild: Noch ganz frisch: Hugo Egon Balder, Radiolegende und Fernsehmoderator. | |
taz: Herr Balder, vermissen Sie das Radiomachen? | |
Hugo Egon Balder: Manchmal. Nicht immer. Radio ist an sich etwas | |
Wunderschönes, es regt die Fantasie der Hörer an, man kann als Moderator | |
aussehen wie man will, kann theoretisch aus dem Bett liegend moderieren... | |
Wieso sind Sie dann überhaupt im Fernsehen? | |
Weil es sich damals so ergeben hat. Ich hatte ja auch vor meinen | |
Radiozeiten schon Fernsehen gemacht. Außerdem hat sich damals die | |
Radiolandschaft extrem verändert, der Sender für den ich arbeitete, Radio | |
Luxemburg, ist aufgeteilt worden, ich musste etwas anderes machen. | |
Als Sie schon einen Radionamen hatten, aber noch nicht auf der Straße | |
erkannt wurden – war Ihr Leben besser oder schlechter? | |
Klar, das war auch gut. Auf der anderen Seite finde ich, wenn man einen | |
solchen Job macht, sein Gesicht in die Öffentlichkeit hält, dann muss man | |
damit leben. Ich halte nichts davon, wenn Leute alles dafür tun, berühmt zu | |
werden, und dann nur noch mit Sonnenbrille herumlaufen, damit sie keiner | |
erkennt. Das ist Schwachsinn. Außerdem ist das Angesprochenwerden | |
glücklicherweise ja auch nicht immer unangenehm. | |
Nicht alle schaffen es aus dem Radio ins Fernsehen – wieso hat es bei Ihnen | |
geklappt? | |
Weiß ich auch nicht genau. Wahrscheinlich ist es Glücksache. Man muss eben | |
zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Leute treffen. Ich bin damals für | |
Radio Luxemburg sehr viel herumgereist, stand auf Bühnen, insofern kannten | |
die Leute tatsächlich auch mein Gesicht. Aber es hielt sich alles im Rahmen | |
– das war eh der einzige Privatsender, den es gab. | |
Ist es bei Frauen anders, die den Transfer vom Radio zum Fernsehen wollen? | |
Denn tatsächlich kommt fast jede Fernsehgröße, ob Sie, Gottschalk, Jauch, | |
Elstner oder Götz Alsmann, ursprünglich vom Radio, bei bekannten | |
Moderatorinnen ist das nicht so... | |
Das stimmt. Es gibt ein paar Ausnahmen, wie Stefanie Tücking zum Beispiel, | |
aber die Anzahl der Männer mit anschließender Fernsehkarriere ist | |
unbestritten höher. Warum das so ist.. tja... | |
Weil Frauen stärker an äußerliche Konventionen gebunden sind? Eben doch vor | |
allem hübsch sein müssen? | |
Ich denke mal, das ist der Grund. Stimmt natürlich nicht immer, auch | |
umgekehrt nicht. | |
Gibt es im Radio, das ja oft in Persönlichkeiten und Themen regional | |
bleibt, überhaupt nationale Größen? | |
In den USA gibt es die bestimmt, und zum Beispiel in dem Sender, den ich | |
höre, SWR 3, gibt es natürlich – wie überall anders auch – Spitzenleute, | |
die senderübergreifend bekannt sind. Aber durch die Veränderung der | |
Radiolandschaft – und auch der Fernsehlandschaft – sind so viele | |
Privatsender dazugekommen, dass es ein Überangebot gibt, vielen Hörern wird | |
es einfach Zuviel. Frank Elstner hatte – und er hatte mit vielem recht – | |
auch damit recht, als er sagte: Man muss die Hörer morgens mit der ersten | |
Sendung an sich binden. Der Hörer schaltet nicht mehr um, und das Radio | |
läuft den ganzen Tag. | |
Darum sind die Morgensendungen im Radio das Aushängeschild des Senders... | |
So ist es. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, und bleibt – im Gegensatz | |
zum Fernsehen – gern bei einer Station. Das liegt unter anderem daran, dass | |
man eben niemanden sieht, es ist anonymer. Fernsehmenschen kommen dagegen | |
zu einem ins Wohnzimmer – die Zuschauer haben immer den Eindruck, man kenne | |
sich gegenseitig... | |
Formatradio ist stark strukturiert, einerseits hat der Moderator immer | |
wieder Zeit, sich zu sammeln, das nächste Häppchen vorzubereiten, | |
andererseits steckt er eben in einem engen Rahmen – mögen Sie das? | |
Bei uns war es damals glücklicherweise ein bisschen einfacher, wir hatten | |
freie Hand mit dem, was wir gemacht haben. Wir mussten natürlich Werbe- und | |
Nachrichtenzeiten einhalten, ansonsten war es wurscht. Was mich heute aber | |
vor allem bei den Privatsendern stört, ist die permanente gute Laune, und | |
das Zugejingelt-Werden, das geht mir wahnsinnig auf den Keks. | |
Es gibt relativ wenig Berichterstattung über Radioinhalte, die Macher sind | |
kaum bekannt, dabei ist Radio das einzige Medium, dessen Quoten nicht | |
fallen oder das kurz vor dem Konkurs steht. Wieso genießt Radio keine | |
höhere Wertschätzung in der Mediengesellschaft? | |
Vielleicht fühlen sich Radiomacher selber immer ein wenig in der zweiten | |
Reihe. Wenn irgendwo ein Event stattfindet, und alle Medien sind da, werden | |
sie auch tatsächlich teilweise von den TV-Kollegen so behandelt. Das sind | |
dann natürlich Leute, die keine Ahnung haben, aber das ist wirklich ein | |
Problem: Fernsehen versaut. Radio nicht. | |
Ich hoffe, ich darf das nach dem Autorisieren drin lassen... | |
Es ist so! Gott sei dank gilt das nicht für alle. Aber Radiomenschen stehen | |
einfach von vornherein nicht unter einem so starken Druck, darum können sie | |
alles entspannter angehen. Viele Radiosendungen sind tausendmal besser als | |
Fernsehsendungen! | |
Finden Sie unser bestehendes Rundfunksystem in Ordnung? | |
Die Diskussion ist völlig zu recht gerade im vollen Gange. Ich finde es | |
ungerechtfertig was die Öffentlich-Rechtlichen machen. Es ist schön und | |
gut, dass es einen Bildungsauftrag gibt, dass der in irgendeinem | |
Staatsvertrag mal verankert wurde, aber die Frage stellt sich: Wann wurde | |
das gemacht? Warum wurde das gemacht? Die Zeiten haben sich geändert, man | |
muss umdenken. Auf der anderen Seite wären die Öffentlich-Rechtlichen ohne | |
Gebühren überhaupt nicht in der Lage zu überleben! Das ist genau wie beim | |
Theater: Große Stätten werden ohne Ende subventioniert, man sieht wirklich | |
viel Müll, und die kleinen Privattheater, an denen ich ja auch spiele, | |
müssen sich selber finanzieren. | |
Wenn Sie das schon öffentlich sagen – könnten sich nicht noch mehr bekannte | |
Kritiker zusammentun? | |
Das werden die nicht machen. Man sägt ja nicht an seinem eigenen Stuhl. Ich | |
bin ja auch nicht strikt dagegen, dass die Öffentlich-Rechtlichen | |
unterstützt werden, es geht nur um das Wie. In diesem neuen Gebührensystem | |
hat man jedenfalls ein paar Fehler gemacht. Das muss überarbeitet werden. | |
27 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Jenni Zylka | |
## TAGS | |
Radio | |
Fernsehen | |
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