# taz.de -- Krise in Griechenland: Regierung vermeldet erste Erfolge | |
> Das Finanzjahr 2012 sei besser verlaufen als erwartet, stellen Ökonomen | |
> fest. Doch die Menschen haben von dieser Entwicklung kaum etwas. | |
Bild: Streikende Ärztin Ende Januar vor dem Parlamentsgebäude in Athen. | |
ATHEN taz | Ausnahmsweise werden die Griechen von ihrer Regierung in diesem | |
Jahr auch mal positiv überrascht: Ende Januar teilte der griechische | |
Finanzminister Jannis Stournaras mit, dass das Land im September 2012 | |
erstmals einen kleinen Haushaltsüberschuss erwirtschaften konnte, natürlich | |
noch ohne den Schuldendienst zu berücksichtigen. Aber immerhin, noch 2011 | |
klaffte ein Defizit von 3,6 Milliarden Euro im Staatsetat. | |
Auch die Leistungsbilanz hat sich verbessert. Nach Angaben der | |
Statistikbehörde Elstat wuchsen die griechischen Exporte 2012 um 6,7 | |
Porzent, während die Importe um 7 Prozent zurückgingen. Zudem habe das | |
Exportvolumen erstmals einen Wert von 24 Milliarden Euro erreicht, | |
berichtet der Verband Griechischer Exporteure (PSE). Das entspricht einem | |
Anteil von 12 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). | |
„Das vergangene Haushaltsjahr ist besser gelaufen als erwartet und wir | |
rechnen damit, dass Griechenland 2013 einen Überschuss auf Jahresbasis | |
aufweist – den Schuldendienst nicht mitgerechnet. Das wäre ein Wendepunkt“, | |
bilanziert Angelos Tsakanikas, Chefvolkswirt des Athener | |
Wirtschaftsinstituts IOBE. „Der Wirtschaft kam zugute, dass Spekulationen | |
über einen möglichen Euro-Austritt Griechenlands erst einmal abreißen“, | |
meint der Ökonom. | |
Das ist wohl auch der Grund, warum manche Griechen den Banken wieder | |
vertrauen und ihr Geld, oder zumindest einen Teil davon, zurück ins Land | |
bringen. Im Dezember 2012 sind die Bankeinlagen um 5 Milliarden Euro | |
gestiegen. Für 2013 rechnet die Zentralbank mit weiteren 20 Milliarden. | |
Zudem würden noch dieses Jahr Unternehmenskredite der Europäischen | |
Investitionsbank in Höhe von 378 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, | |
verspricht der Finanzminister. | |
## Binnennachfrage wird weiter gedrosselt | |
Die Menschen freuen sich über jede Erfolgsmeldung, haben jedoch kaum was | |
davon. Im Gegenteil: „Es gibt positive Vorzeichen für 2013, aber das darf | |
uns nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch dieses Jahr sehr schwierig | |
wird“, mahnt IOBE-Chefökonom Tsakanikas. In den nächsten Monaten würden die | |
im Herbst 2012 vereinbarten Sparmaßnahmen voll greifen, etwa die neuen | |
Rentenkürzungen und Steuererhöhungen oder die Abschaffung des Urlaubsgeldes | |
im öffentlichen Dienst, gibt der Ökonom zu bedenken. Die Folge: „Die | |
Binnennachfrage, die heute immer noch drei Viertel des griechischen BIP | |
ausmacht, wird weiter gedrosselt. Deswegen gehen wir davon aus, dass die | |
Wirtschaftsleistung 2013 um mindestens 4,6 Prozent schrumpft – trotz aller | |
Erfolgsmeldungen der Vorwochen.“ | |
Um die Einnahmen zu erhöhen, verkündet das Finanzministerium die Einführung | |
einer Immobiliensteuer, die ab September fällig wird und 3 Milliarden Euro | |
in die Staatskasse spülen soll. Laut Presseberichten sei der Widerstand | |
gegen diese Steuerbelastung jedoch so stark, dass selbst der als | |
Erfolgspolitiker gefeierte Finanzminister Jannis Stournaras nicht mehr ganz | |
fest im Sattel sitze. Am Donnerstag wetterte der konservative Abgeordnete | |
Kyriakos Mitsotakis gegen die Immobiliensteuer und warnte vor „Enteignung | |
durch steigende Steuern“. | |
Der Kommentator Paschos Mandravelis sieht das anders: „Konservative | |
Abgeordnete um den einstigen Premier Kostas Karamanlis, die das Land bis | |
2009 durch ihren Klientelismus zugrunde richteten, können einfach nicht | |
ertragen, dass Stournaras heute die Wahrheit sagt“, erklärte Mandravelis | |
Skai-TV. | |
3 Feb 2013 | |
## AUTOREN | |
Jannis Papadimitriou | |
## TAGS | |
Griechenland | |
Eurokrise | |
Griechenland | |
Export | |
Euro | |
Griechenland | |
EU | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Folgen der Sparvorgaben des IWF: Griechen streiten über „Rechenfehler“ | |
IWF-Experten haben Fehler bei ihrer Griechenland-Strategie eingeräumt. Die | |
Linksopposition in Athen fordert Konsequenzen. | |
Starke Exportleistungen: Deutschland wächst trotz Eurozone | |
Deutschlands Ausfuhren und Einfuhren erreichen neue Rekordwerte. Die Krise | |
der Eurozone war offensichtlich kein Hindernis. China sei Dank. | |
Griechischer Ministerpräsident bei Merkel: Krisenstimmung einfach weggelächelt | |
Die Maßnahmen gegen die Finanzkrise greifen – daran lassen Merkel und | |
Samaras keinen Zweifel. Nur die Realwirtschaft stört das Bild. | |
Kolumne Nebensachen aus Athen: Ein etwas anderer Kundenservice | |
Die griechische Schuldenlast ist eine Herkulesaufgabe, ein | |
Jahrhundertprojekt. Das schlägt sich auch im kleinen nieder – bei einer | |
Krankenkasse. | |
US-Ökonom über Griechenlandhilfe: „Das Geld lieber direkt auszahlen“ | |
Der US-Ökonom James Galbraith findet, Brüssel sollte bei der | |
Griechenland-Hilfe die korrupte Verwaltung umgehen. Das werde die | |
Arbeitslosigkeit senken. |