# taz.de -- Industrie an der Hochschule: Wutbürger als Forschungsobjekt | |
> Der Mineralölkonzern BP unterstützt das Göttinger Demokratieinstitut. Der | |
> Studienleiter erklärt, dass es keine Extra-Analyse für den Konzern gäbe. | |
Bild: Demonstration gegen BP: Die Firma finanziert Forschung. | |
BERLIN taz | Sie protestieren gegen Stromtrassen, Bahnhöfe oder | |
Schulreformen: Das Göttinger Institut für Demokratieforschung hat die neuen | |
Wutbürger in einer umfassenden Studie untersucht, die diese Woche | |
erscheint. | |
Ermöglicht hat das Forschungsvorhaben der Mineralölkonzern BP – ein | |
Unternehmen, das, wie Vorstandsvorsitzender Michael Schmidt im Vorwort | |
schreibt, selbst von Protesten betroffen ist. Ulrich Müller vom Verein | |
LobbyControl fand das merkwürdig und erkundigte sich bei BP und der | |
Universität Göttingen nach den Hintergründen. | |
BP begründete sein Interesse an der Forschung gegenüber LobbyControl damit, | |
dass „auch Einstellungen der Aktivisten gegenüber Unternehmen, soweit es um | |
deren Mitwirkung an Infrastrukturprojekten geht“, untersucht würden. In der | |
Studie selbst finden sich dazu aber kaum Passagen. Also fragte Müller nach, | |
ob es vielleicht noch einen internen Abschlussbericht gebe. Der Frage | |
danach wichen das Institut und BP in ihren Antworten, die der taz | |
vorliegen, aus. | |
Gegenüber der taz stellte der Politikwissenschaftler Franz Walter, der das | |
Institut leitet, aber klar: „BP hat keine Befragungsprotokolle bekommen und | |
auch keine Strategiepapiere von uns.“ Es gebe definitiv keinen | |
Abschlussbericht solcher Art für das Unternehmen. | |
## Werbung für den Konzern | |
Aber welches Interesse hat BP dann an der Finanzierung von | |
Grundlagenforschung über Bürgerproteste? Walter verweist auf den | |
BP-Konkurrenten Shell, der seit Jahren eine Jugendstudie unterstützt. Die | |
Ergebnisse der „Shell-Studie“ werden von den Medien regelmäßig aufgegriff… | |
– wie selbstverständlich fällt dabei der Konzernname. Auf einen ähnlichen | |
Werbeeffekt, schätzt Walter, zielt BP: „Ich glaube nicht, dass die ihre | |
Gegner erforschen wollen.“ | |
Lobbyistenwächter Müller irritiert auch die Auskunft des Instituts auf | |
seine Frage, ob die Studienteilnehmer von der Finanzierung durch BP | |
erfahren hätten. Die Antwort des Instituts: Die Interviewer seien | |
angewiesen gewesen, „den Befragten und Studienteilnehmern zu keiner Zeit | |
die Förderer der Untersuchung zu verheimlichen“. Erfuhren die Teilnehmer | |
nur auf Nachfrage, wer die Studie bezahlt? Walter versichert, dass die | |
Teilnehmer „spätestens am Ende der Interviews“ über den Auftraggeber | |
informiert worden seien. Ein Problem habe das für die wenigsten | |
dargestellt. | |
6 Feb 2013 | |
## AUTOREN | |
Bernd Kramer | |
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