| # taz.de -- Die Wahrheit: Das schwarze Fenster | |
| > Detektiv Serif, Verdana und der Tote aus dem Windows-Clan. Eine | |
| > fontastische Hardboiled Story aus dem OpenOffice in Tahoma. | |
| Bild: „Hey, hey, Wicki“, sagte Serif zur Begrüßung. Dann bestellte er zwe… | |
| Es war einer dieser trüben Montagmorgen, die den Nebel noch grauer als grau | |
| erscheinen lassen, an dem Privatdetektiv Serif aus Tahoma in seinem | |
| OpenOffice saß. Er biss gerade in einen Cookie, als ihn etwas hochfahren | |
| ließ. Plötzlich stand sie vor ihm: Verdana. Sie sah einfach fontastisch | |
| aus. Er war sofort verliebt. | |
| „Ich bin hier, weil mein Mann ermordet wurde“, sagte Verdana kurz und | |
| linksbündig. „Ich will wissen, wer ihn Strg+Alt+Entf hat. Wenn Sie wissen, | |
| was ich meine.“ | |
| Serif lehnte sich lässig zurück und grinste kursiv. | |
| „Wie gerne würde ich mein Füllwerkzeug auf dich anwenden“, dachte er im | |
| Stillen. Doch er musste vorsichtig sein, denn noch wusste er nicht, ob sie | |
| seriös oder doch nur eines von diesen billigen Plug-and-Playgirls war. | |
| „Kannst du dir jemanden wie mich überhaupt leisten?“, fragte Serif. | |
| Sie beugte sich zu ihm herüber, ihr Desktop war tief ausgeschnitten. | |
| „Sie sind der Beste“, hauchte ihm Verdana ins Ohr. „Sie finden jede noch … | |
| versteckte Datei. Ich bin bereit, meinen gesamten Cache für Sie zu leeren.“ | |
| Serif spürte deutlich den Zauberstab in seiner Werkzeugleiste, mit dem er | |
| Verdana am liebsten an Ort und Stelle freigestellt hätte. Doch er konnte | |
| sich beherrschen, auch dank der regelmäßigen Meditationsübungen, die er bei | |
| Meister Toshiba erlernt hatte. | |
| „Sagen Sie, wer war Ihr Mann?“, fragte Serif. | |
| „Sie kennen ihn“, antwortete Verdana. „Alle nannten ihn nur Al, sein | |
| richtiger Name war jedoch Arial.“ | |
| Serif nickte. Natürlich kannte er Al. Al war jemand vom Windows-Clan. Jeder | |
| kannte ihn. | |
| „Erzählen Sie mir, wo die Leiche gefunden wurde.“ | |
| Verdana brach in Tränen aus. | |
| „Es war schrecklich. Man fand seine Reste im überladenen Arbeitsspeicher, | |
| vollkommen auseinandergerissen. Die Defragmentierung brauchte ewig, um | |
| seine Identität festzustellen. Finden Sie ihn! Finden Sie den Kerl, der | |
| meinen Mann auf dem Gewissen hat!“ | |
| „Ich nehme die Sache in die Hand, Sie können sich auf mich verlassen“, | |
| sagte Serif. Jetzt war es also an ihm, die Feststelltaste zu drücken. | |
| Sobald der Fall gelöst war, würde er Verdana ins Querformat bringen. | |
| Wenige Mouseklicks später fand er sich im Drag and Drop wieder, einer | |
| verschroben verschobenen Kneipe, in der er mit Wicki Leaks verabredet war, | |
| seinem schwedischen Informanten. Leaks hatte Antworten auf fast alle | |
| geheimen Fragen. | |
| „Hey, hey, Wicki“, sagte Serif zur Begrüßung. Dann bestellte er zwei | |
| Egoshooter bei Siri, der schwerhörigen Kellnerin. | |
| „WhatsApp, Alter?“, fragte Leaks. Serif nahm seinen Drink und schob Leaks | |
| das zweite Glas zu. | |
| „Ich muss herausfinden, wer Al auf dem Gewissen hat. Ich brauche | |
| Suchergebnisse.“ | |
| Wicki Leaks leckte … sich über die Lippen und lachte. | |
| „Ich nehme an, sein Mädchen war bei dir? Ach du lieber Steve Jobs! Glaubt | |
| sie wirklich, jemand hätte Al umbringen wollen oder können? Es war kein | |
| Mord, es war Selbstmord. Al hatte einen liebesbedingten Systemabsturz.“ | |
| „Einen Systemabsturz?“, fragte Serif sichtlich irritiert. | |
| „Ja, Al hatte sich in jemand anderen verliebt, in einen ganz schwierigen | |
| Fall: dem Dativ.“ | |
| „In wen oder was?“, fragte Serif überrascht. | |
| „Nein, wem oder was!“, korrigierte ihn Leaks. | |
| „Al war dem Dativ von Kopf- bis Fußzeile verfallen. Seit Monaten haben sich | |
| die beiden heimlich auf seiner Yacht getroffen, der ’MS Gothic‘. Doch dem | |
| Dativ hatte es einzig und allein auf Als Kapitälchen abgesehen. Als Al | |
| dahinter kam, öffnete er im Affekt ein neues Fenster und sprang hinaus. Al | |
| hatte einen Kurzschluss und hat schwarz gesehen, Arial Black sozusagen.“ | |
| Serif schüttelte den Kopf und verließ die Kneipe. Der Fall war gelöst, | |
| bevor er richtig begonnen hatte. Als nächstes wollte er so schnell wie | |
| möglich zu Verdana nach Scrolldown herunterfahren. Dort würde er ihr seine | |
| Liebe gestehen und sie in versteckte Ordner führen, die sie nie zuvor | |
| gesehen hatte. Sie würden Schriftverkehr miteinander haben und ein Kindle | |
| machen. Von nun an und für immer war sie seine persönliche Schönschrift. | |
| 7 Feb 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Sven Stickling | |
| ## TAGS | |
| Jupp Heynckes | |
| Drohnen | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Die Wahrheit: Genosse Jupp | |
| Heute will Jupp Heynckes kundtun, was er künftig macht. Die Wahrheit weiß | |
| es schon jetzt: Steinbrücks Kompetenzteam ruft. | |
| Die Wahrheit: „Liebes deutsches Volk …“ | |
| „Deutschland wird nicht in Wembley verteidigt!“ Jetzt spricht der Euro | |
| Hawk! Persönlich. Ehrlich. Schonungslos. Der offene Brief einer Drohne. | |
| Die Wahrheit: Teutonische Feuerteufel | |
| Der Bielefelder Pyro-Nachwuchs lässt es mächtig krachen. | |
| Die Wahrheit: Bootcamp mit Bart | |
| Eine zweite Chance für ältere Herren zu Weihnachten. | |
| Die Wahrheit: Tränen im Regen | |
| Batman und Co. nach dem Monsterhurrikan. |