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# taz.de -- Protest gegen Männer-Treffen: „Ich bin von gestern, folgen Sie“
> Durch ein Spalier von rund 400 Frauen mussten die Gäste des diesjährigen
> traditionellen Bremer Schaffermahles hindurch – seit 1545 sind Frauen
> nicht zugelassen.
Bild: Ulrike Hauffe, die zum Protest aufgerufen hatte, freut sich über den Erf…
BREMEN taz | Die schärfste Waffe ist das öffentliche Gelächter: Ein Teil
der Demonstrantinnen lachte immer wieder schallend, wenn eine Gruppe von
Frack-Trägern an ihnen vorbeizog. „Ich bin von gestern. Folgen Sie mir
nach“, hatten die Frauen auf ihre schwarzen Jacketts gepinnt – und sie
setzten sich immer wieder vor die Frack-Herren, die aus dem Bremer
Schütting, dem Sitz der Handelskammer, herauskamen, um über den Marktplatz
zum alten Rathaus zu gehen. Die Überquerung des Marktplatzes gehört zum
Ritual des Bremer „Schaffermahles“, das am Freitag zum 469. Male gefeiert
wurde. Seit 1545 wird es regelmäßig veranstaltet – die Herren Kaufleute
treffen sich zum angeregten Smalltalk und Spenden nebenbei etwas für die
Witwen der Kapitäne.
Frauen sind nicht zugelassen, seit 1545 nicht. Das war der Anlass der
Protestaktion in diesem Jahr, rund 400 Frauen waren gekommen, um ein
Spalier über den Marktplatz zu bilden. Aufgerufen hatte Ulrike Hauffe, die
Landesbeauftragte für die Gleichstellung der Frau. Auf Transparenten
erinnerten die Demonstrantinnen an die Stationen der
Frauen-Gleichberechtigung – immerhin seit 1918 gibt es das Frauenwahlrecht,
aber bis 1951 wurden Lehrerinnen entlassen, wenn sie heirateten. Erst 1970
wurde das Verbot des Frauenfußballs aufgehoben. Grund genug also, die
Satzung des Hauses Seefahrt an den Zeitgeist des 20. Jahrhunderts
anzupassen, fand die Bremer Gleichstellungsbeauftragte.
Vor drei Jahren hatten die Mitglieder des Hauses Seefahrt die Ablehnung von
Frauen noch einmal ausdrücklich bestätigt. Nun hat Bremens Bürgermeister
Jens Böhrnsen (SPD) klargestellt: „Frauen müssen Gäste auf der
Schaffermahlzeit sein.“ Sinn des feierlichen Aktes sei die Kontaktpflege,
heute „Networking“ genannt. „Wer Rang hat oder Einfluss hat“, sollte ü…
dieses Mahl „für Bremen gewonnen werden“ – heute seien das eben Frauen u…
Männer gleichermaßen.
Mit im Spalier der Demonstrantinnen stand Gabriele Pientkowski von der CDU.
„Alte Zöpfe müssen ab“, sagt sie kurz. Silvia Schön von den Grünen, die
auch im Vorstand der Bürgerschaft sitzt, warf die Frage auf, warum das
Rathaus als Vermieter der Räume für das Schaffermahl die Missachtung der
Menschenrechte duldet.
Ob diese Diskussion die Mitglieder des Hauses Seefahrt, meist betagte
Kapitäne, erreicht, ist die Frage. In den offiziellen Reden jedenfalls
werden sie nicht überfordert. „Die Hansestadt Bremen hat Tradition – und
sie hat Zukunft“, diesen Tenor seiner Rede variierte der erste Schaffer.
Die Rede des „zweiten Schaffers“ drehte sich um das „Vaterland“. Er bem…
Schillers Frage: „Ich weiß das Land nicht zu finden“ und stellte fest, dass
auch bis heute das Wort „keine emotionale Bedeutung“ hat. Deutschland sei
eben Teil Europas, schloss er, „in Europa liegt die Zukunft unseres
Vaterlandes“. Irgendwie, wie auch immer. Als Anlauf für das rituelle „Hepp,
hepp, hepp, hurra“ reichte es.
Der dritte Schaffer versicherte in seiner Rede, der Bremer Bürgermeister
könne sich „der Unterstützung der Bremer Kaufleute sicher sein“, was auch
immer das heißen sollte. Nicht einmal für eine korrekte Schreibweise des
Bürgermeister-Namens reichte es im Redemanuskript.
8 Feb 2013
## AUTOREN
Klaus Wolschner
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