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# taz.de -- TV-Serie „House of Lies“: Die Eier der Welt
> Die Comedyserie „House of Lies“ will ab Mittwochabend entlarven, was
> Unternehmensberater tun. Dabei leidet sie an ihrer Unentschiedenheit.
Bild: Don Cheadle (links) und Kristen Bell spielen in „House of Lies“ Unter…
Die oberste Schicht: „House of Lies“ ist sexy, in einem ganz
konventionellen Sinn. Die Optik smooth und geschult an Jahrzehnten
Videoclip- und Werbeästhetik, gleitet die Kamera an den glitzernden
Oberflächen zur Schau gestellten Reichtums entlang, beschleunigt und
bremst, und manchmal hält Hauptfigur Marty Kaan alles gleich ganz an.
Dann wandert er zwischen eingefroren dastehenden Partygästen und
Business-Class-Passagieren umher, um uns wieder irgendeinen Kniff aus der
Unternehmensberater-Welt zu erklären. „Das ist der Moment“, sagt er dann
zum Beispiel, „in dem du die Typen, die die Welt bei den Eiern haben, bei
den Eiern hast.“
In jener Welt kannte sich der reale Martin Kihn aus, er schrieb ein Buch
darüber, „House of Lies: How Management Consultants Steal Your Watch and
Then Tell You the Time“, die Vorlage zur beinahe gleichnamigen Serie, die
ZDFneo ab heute erstmals im deutschen Free-TV ausstrahlt. Dieser Genese
verdankt die Serie eine zunächst etwas gewöhnungsbedürftige Mischung:
Einerseits will "House of Lies" offensichtlich, nun, entlarven: eine enorm
einflussreiche Branche von hochbezahlten Nichtsnutzen, für die es zum
Geschäftsmodell gehört, ihre eigene Unersetzbarkeit unter Beweis zu
stellen.
So sollen Marty und seine Entourage – famos besetzt, so wie überhaupt die
ganze Show – in der heutigen Auftaktfolge einer Großbank beim
Das-Gesicht-Wahren helfen, wohlgemerkt bei gleichzeitiger Sicherung der
beträchtlichen Bonuszahlungen an das Management. Dass sich sowas verkaufen
kann, nach dem Lehman-Brothers-Crash und der Beinahe-Präsidentschaft eines
Mitt Romney, leuchtet ein: „Wenn es um unternehmerischen Blödsinn geht“,
schrieb eine US-Rezensentin, „wird man sagen dürfen, dass die amerikanische
Öffentlichkeit nicht eben in nachsichtiger Stimmung ist.“
## Betonte Kaltschnäuzigkeit
Freilich: Die Hochkapitalismus-Schelte der Serie wird den einen zu weit
gehen, für die anderen allzu plump bleiben. Michael Moore oder Oliver Stone
mögen auf die eine oder andere Weise ideelle Spuren hinterlassen haben,
aber beide hätten aus solchem Stoff wohl je eine ganz andere Serie gemacht.
Andererseits will die Serie ja eine Geschichte erzählen: die des Marty
Kaan, der es, trotz siebenstelligem Jahreseinkommen und entsprechendem
Lebenswandel, nicht leicht hat – da sind die Reste einer nur angedeuteten,
traumatischen Kindheit, eine kaputte Ehe und obendrein eine Ex-Frau, die
seine schärfste Konkurrentin ist, ein gemeinsamer Sohn schließlich, der in
der „Grease“-Schulinszenierung lieber die Rolle Olivia Newton-Johns spielen
möchte als die von John Travolta.
Während es manches auszusetzen gäbe an der Verwechslung des Systems
Turbokapitalismus mit all den moralisch verkommenen Anzugträgern, die sich
darin bewegen, ganz zu schweigen von einer zuweilen arg daneben gehenden
Darstellung erfolgreicher Frauen: Das größte Problem der Serie ist die
Unentschlossenheit ihrer Hauptfiug gegenüber: Ist Marty nun ein Arschloch,
das uns beim Arschloch-Sein an die Hand nimmt? Oder nicht doch, tief
drinnen, einer, dem wir wünschen sollen, dass er all dem gezeigten Morast,
all der Dekadenz und den schwindelerregenden Zahlenspielereien entkommen
möge?
Aller betonten Kaltschnäuzigkeit zum Trotz: Am Ende hat "House of Lies"
vielleicht doch mehr zu tun mit jener Sehnsucht nach einem „anderen“
Amerika – einem ohne die Koch Brothers und ihre politischen Geschöpfe, ohne
angeblich gierige Anleger und willfährige Derivate-Jongleure. Einem Amerika
also, das sich gerade auf dieser Seite des Atlantik so mancher erträumt.
Ab 13.2. immer mittwochs, 23.15 Uhr, ZDFneo
13 Feb 2013
## AUTOREN
Alexander Diehl
## TAGS
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