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# taz.de -- „The Act of Killing“ auf der Berlinale: Brechreiz beim eigenen …
> Weil sie vermeintliche Kommunisten waren, wurden 1965 2,5 Millionen
> Indonesier ermordet. Joshua Oppenheimer lässt die Killer ihre Taten
> selbst nachspielen.
Bild: Szene aus „The Act of Killing“.
Die Geschichte aus der Sicht der Sieger zu erzählen, ist im Dokumentarfilm
ein eigentlich ungeheuerlicher Vorgang. Genau das aber tut der
amerikanische Filmemacher Joshua Oppenheimer mit seiner Dokumentation „The
Act of Killing“, die am Samstag im Rahmen des Panorama und in Anwesenheit
des Regisseurs zu sehen ist.
Oppenheimer lässt die Ermordung von 2,5 Millionen Indonesiern nach der
Machtergreifung des Militärs im Jahr 1965 aus der Sicht der Täter
beschreiben – zunächst aus der Not heraus. Die Überlebenden der Massaker
hatten Angst, vor der Kamera zu sprechen, weil sich die Mörder noch immer
auf freiem Fuß befinden.
In Indonesien wird eine ganz spezielle Form der Geschichtsaufarbeitung
gepflegt. Die Täter von damals verkehren mittlerweile in hohen politischen
Kreisen oder brüsten sich in Talkshows vor johlendem Publikum mit ihrer
Vergangenheit als Kämpfer für eine gerechte Sache. Als Rechtfertigung ihrer
Taten dient heute das unhinterfragte Narrativ eines „patriotischen
Kampfes“.
Stolz erzählt Anwar Congo vor der Kamera, wie er vor fünfzig Jahren
Hunderte von „Kommunisten“ eigenhändig umbrachte, und führt dem Filmemach…
seine Lieblingsmethode an Ort und Stelle noch einmal vor. Congo ist ein
indonesischer Nationalheld. Er war ein Anführer der Todesschwadronen, aus
denen später die paramilitärischen Truppen hervorgingen.
## Ohne eine Spur von Reue
Congo ist ein typischer Vertreter der Siegerseite: selbstherrlich,
arrogant, ohne eine Spur von Reue. Als kleiner Straßengangster, erzählt er,
habe er sich mit Freunden an den Gangsterfilmen aus Hollywood ein Vorbild
genommen, sie liebten das Kino – und da kommt Oppenheimer eine Idee, die im
Grunde auf eine therapeutische Situation hinausläuft, aber auch das
Selbstverständnis des Dokumentarfilms an seine Grenzen führt: Er bittet die
Männer, ihre Taten nachzuspielen, in den Rollen der Täter und der Opfer,
als wären sie Filmstars in ihrer eigenen Geschichte.
Einige der Männer zeigen sogar künstlerische Ambitionen. Sie lassen eigens
Kostüme anfertigen und stellen aufwendig Szenen nach. Vereinzelt regt sich
auch Skepsis: Bekräftigt man mit diesem Film nicht den Vorwurf, sie hätten
damals wie Bestien gewütet? Oppenheimer filmt relativ ungerührt, wie sich
die Männer immer tiefer in ihre eigene Geschichte und ihre eigenen
Geschichten verstricken.
Einmal betrachtet Congo seine Filmaufnahmen, zum ersten Mal ist er mit
seinem Selbstbild konfrontiert – und verspürt beim Anblick der Gewalt einen
trockenen Brechreiz. „Clockwork Orange“ lässt grüßen.
Oppenheimers Experiment ist hochgradig fragwürdig, aber absolut sehenswert.
Werner Herzog und Errol Morris haben – wen wundert’s – produziert.
## Samstag, 16. Februar, 20 Uhr im CineStar Berlin
16 Feb 2013
## AUTOREN
Andreas Busche
## TAGS
Indonesien
Kommunisten
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