# taz.de -- Gesundheit: Kranken gehts in Steglitz besser | |
> Berlin ist gut mit Ärzten versorgt, doch die Praxen liegen vor allem in | |
> reichen Bezirken. Gesundheitssenator will das ändern, Ärzte und Kassen | |
> tun sich schwer. | |
Bild: Ärzte brauchen Anreize, um eine flächendeckende Versorgung sicherzustel… | |
Die Zukunft der Versorgung Berlins mit Ärzten sorgt für Ärger zwischen | |
Gesundheitssenator Mario Czaja (SPD) und den Krankenkassen sowie der | |
kassenärztlichen Vereinigung (KV). Czaja hatte am vergangenen Freitag ein | |
Modell präsentiert, mit dem er die ärztliche Überversorgung reicher und die | |
Unterversorgung armer Bezirke verändern will. Dagegen legten Krankenkassen, | |
Krankenkassenverbände und KV Berlin am Dienstag einen neuen Bedarfsplan für | |
Berlin vor, in dem sozioökonomische Faktoren keine Rolle spielen. | |
In der Vergangenheit war für die Errechnung des Ärztebedarfs vor allem | |
eines ausschlaggebend: die Einwohnerzahl Berlins. In Folge des neuen, seit | |
2012 bundesweit geltenden Versorgungsstrukturgesetzes können nun auch | |
Alters- und Sozialstruktur sowie Daten über den Gesundheitszustand der | |
Bevölkerung in die Planung einfließen. Dementsprechende Modellrechnungen | |
hatte Czaja seine Verwaltung anstellen lassen: In | |
Charlottenburg-Wilmersdorf gebe es danach 133 Hausärzte zuviel, in Neukölln | |
185 zu wenige. Steglitz-Zehlendorf sei um 104 Hausärzte über-, | |
Friedrichshain-Kreuzberg um 81 unterversorgt. Für eine optimale Versorgung | |
müsste theoretisch jeder dritte der insgesamt 2.371 Hausärzte in Berlin | |
seine Praxis in einen anderen Bezirk verlegen. | |
Um die Situation zu verbessern, will der Gesundheitssenator vor allem | |
eines: Berlin soll nicht mehr als ein großer Planungsbezirk betrachtet | |
werden, sondern räumlich differenzierter, nach einzelnen Bezirken. Das | |
wiederum lehnen die ab, die für die Bedarfsplanung zuständig sind: | |
Versicherungen und die KV, in der alle Ärzte und Psychotherapeuten | |
organisiert sind, die gesetzlich Versicherte behandeln dürfen. | |
„Die Bezirksgrenzen sind sehr willkürlich gezogen“, sagte der | |
stellvertretende Vorstandsvorsitzende der KV Berlin, Uwe Kraffel, bei der | |
Vorstellung des neuen Bedarfsplans. Dieser operiert weiter mit einer | |
berlinweiten Perspektive und enthält nur wenige Neuerungen: So findet etwa | |
die Altersstruktur Berücksichtigung, indem die Zahl der nötigen Kinderärzte | |
und -psychiater an der Zahl der Kinder und nicht mehr an der der | |
Gesamtbevölkerung bemessen wird. Die Zahl der in Neukölln nötigen Hausärzte | |
veranschlagt der Plan mit mindestens 137 und höchstens 183, tatsächlich | |
gibt es 192 Hausärzte. In Friedrichshain-Kreuzberg liegt das Soll zwischen | |
105 und 140, das Ist bei 190. | |
„Berlin ist im Vergleich mit anderen Bundesländern sehr gut mit Ärzten | |
versorgt“, sagte die Leiterin des Verbands der Ersatzkassen | |
Berlin/Brandenburg, Gabriela Leyh. Eine teils ungerechte Verteilung der | |
Praxen bestritt sie nicht. Dennoch fanden soziale Faktoren wie die Zahl der | |
Empfänger sozialer Transferleistungen keine Berücksichtigung im neuen | |
Bedarfsplan. Sie seien für den Versorgungsbedarf nur von indirekter | |
Bedeutung, sagte KV-Vizechef Kraffel. | |
Eigentlich hätten sich alle Beteiligten noch vor Verabschiedung des neuen | |
Plans austauschen können: im März konstituiert sich ein gemeinsames | |
Landesgremium von Kassen, Ärzten, Krankenhäusern und dem Land Berlin, das | |
Stellungnahmen zur Bedarfsplanung abgeben kann. Doch bevor das dadurch | |
erweiterte Mitspracherecht des Landes zur Geltung kommen kann, sind | |
Versicherungen und KV vorgeprescht, obwohl sie für den Plan bis Ende April | |
Zeit gehabt hätten. „Wir müssen wohl alle ein bisschen besser miteinander | |
reden“, sagte Ersatzkassenvertreterin Leyh. | |
19 Feb 2013 | |
## AUTOREN | |
Sebastian Puschner | |
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